Der Gesellschaftsvertrag der streitgegenständlichen GmbH sieht vor, dass ein aus drei oder sechs Mitgliedern bestehender Aufsichtsrat mit der Kompetenz zur Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern mittels eines einfachen Gesellschafterbeschlusses eingerichtet werden kann.
Mit den Stimmen des Mehrheitsgesellschafters wurde ein solcher Aufsichtsrat durch einfachen Gesellschafterbeschluss gebildet. Zusätzlich wurde dem Aufsichtsrat die Kompetenz erteilt, Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien.
Der Aufsichtsrat beschloss die Abberufung des Geschäftsführers und die Kündigung dessen Anstellungsvertrags. Der Geschäftsführer klagte vor dem LG Berlin. Das LG Berlin hielt die Abberufung für wirksam. Das KG hob die Entscheidung auf.
Entscheidung
Der Aufsichtsrat der GmbH sei somit nicht wirksam bestellt worden. Die Beschlüsse zur Abberufung des Geschäftsführers seien unwirksam.
Praxisfolgen
Das KG hält in diesem Urteil an seiner Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 fest. In der Literatur wird beträchtliche Kritik an diesen Entscheidungen geübt. Die Argumente der Literatur sind nach unserer Auffassung überzeugend und zudem praxisgerecht: Die drei durch eine solche Regelung betroffenen Gruppen, die derzeitigen und künftigen Gesellschafter sowie der Rechtsverkehr, der mit der Gesellschaft in Kontakt kommt, sind ausreichend geschützt. Die derzeitigen Gesellschafter haben den Struktureingriff bereits in Gestalt der entsprechenden Satzungsklausel vorweggenommen. Einer erneuten notariellen Beurkundungspflicht lässt sich entgegenhalten, dass die notarielle Belehrung bereits bei Einfügung der Öffnungsklausel erfolgt ist. Künftige Gesellschafter erfahren durch Einsicht des Gesellschaftsvertrags von der Klausel und können sich über das Vorhandensein eines Aufsichtsrats informieren. Der Rechtsverkehr ist durch §52 Abs. 3 Satz 2 GmbHG geschützt, der die Einreichung einer aktuellen Liste der Aufsichtsratsmitglieder zum Handelsregister vorsieht.
Die weitere Entwicklung sollte genau beobachtet werden, insbesondere, ob die derzeit breite Front in Judikatur und Literatur in Bezug auf die Einzelmeinung des KG zu dieser Sachfrage bröckelt und daher ggf. mit Änderungen in den Gesellschaftsverträgen der GmbHs reagiert werden muss.