Das neue Hinweisgeberschutzgesetz kommt!

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Lennart Schüßler

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Als erfahrener Rechtsanwalt und Partner unserer Datenschutzpraxisgruppe sowie der Sektorgruppe Technologie und Kommunikation in Düsseldorf und Frankfurt berate ich Mandanten im Bereich Datenschutz, IT, Online und Urheberrecht.

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Dr. Simon Assion

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Spezialist für Informations- und Kommunikationsrecht

Mit anderthalb Jahren Verspätung hat zuletzt auch der Bundesrat am 12. Mai 2023 seine Zustimmung zum neuen Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) erteilt. Mit seinem Inkrafttreten ist bereits im Juni 2023 zu rechnen. Daher sollten sich Unternehmen nun zügig mit den neuen Regelungen vertraut machen.

Die Kernpunkte des Gesetzes haben wir nachfolgend für Sie zusammengetragen:

Wen schützt das HinSchG?

Das HinSchG beabsichtigt den Schutz von hinweisgebenden Personen im beruflichen Umfeld, indem es zum einen eine Pflicht zur Einrichtung von internen und externen Meldestellen für die Meldung von Verstößen im Unternehmen oder in einer Behörde, und zum anderen ein Verbot beruflicher Repressalien für Hinweisgeber, vorsieht. Hinweisgebende Personen können dabei nicht nur Beschäftigte der Unternehmen oder Behörden sein, sondern auch Beschäftigte von Zulieferern sowie Anteilseignerinnen und Anteilseigner.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten und – unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten – Unternehmen im Bereich des Wertpapierhandels sowie Versicherungs- und Finanzwesens müssen die Vorgaben des HinSchG innerhalb eines Monats nach Verkündung im Bundesgesetzblatt umsetzen. Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten haben etwas mehr Zeit: sie müssen den Neuregelungen erst bis zum 17. Dezember 2023 entsprechen.

Welches Verfahren zur Meldung und Offenlegung von Verstößen sieht das HinSchG vor? 

Das Gesetz beinhaltet drei Verfahren: Die interne Meldung, die externe Meldung und die Offenlegung. 

Eine Person kann, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt, auf der ersten Ebene zwischen der Meldung an eine interne Meldestelle und an eine externe Meldestelle wählen. Sie soll dabei die interne Meldung bevorzugen, sofern so wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und keine Repressalien zu befürchten sind. Die externe Meldestelle des Bundes ist das Bundesamt für Justiz. Daneben agieren die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und das Bundeskartellamt auf Bundesebene für bestimmte Meldungen als externe Meldestellen. Zusätzlich kann jedes Land eine eigene externe Meldestelle einrichten für Meldungen, die die jeweilige Landesverwaltung und die jeweiligen Kommunalverwaltungen betreffen. Erst wenn die Meldung an die externe Meldestelle keinen Erfolg oder ein besonderer Ausnahmefall vorliegt, darf die hinweisgebende Person Informationen offenlegen.  

Welche Pflichten kommen auf betroffene Unternehmen zu?

Betroffene Unternehmen müssen eine interne Meldestelle einrichten, an die sich Beschäftigte mit Hinweisen auf Rechtsbrüche wenden können. Die Meldestelle muss mit unabhängigen Personen besetzt sein, die in schriftlicher oder mündlicher Form erreichbar sein sollen. Auf Wunsch muss die Meldung auch persönlich vorgebracht werden können. Die Stelle muss nicht im Unternehmen selbst angesiedelt sein, stattdessen kann die Rolle auch von einem Dritten wahrgenommen werden. In Betracht kommen hier insbesondere Kanzleien oder andere Dienstleister, die die notwendige Fachkunde besitzen, diese Position verantwortungsvoll auszufüllen. Das ist auch für Konzerne interessant, denen so die Möglichkeit gegeben wird, das Hinweisgebermanagement bei einem seiner Konzernunternehmen zentral anzusiedeln. Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten haben darüber hinaus die Möglichkeit gemeinsame Meldestellen mit anderen Unternehmen einzurichten und so Ressourcen zu schonen.

Doch nicht nur das „Ob“ einer internen Meldestelle ist durch das HinSchG geregelt, sondern auch das „Wie“: das HinSchG enthält Anforderungen sowohl an das Verfahren als auch die möglichen Folgemaßnahmen.  Dazu gehören etwa Fristen, die bei der Bearbeitung einzuhalten sind, aber auch Dokumentationspflichten, die ihrerseits datenschutzrechtliche Folgefragen aufwerfen. Zu den möglichen Maßnahmen gehören interne Nachforschungen oder die Einbindung einer zuständigen Behörde.

Unternehmen müssen die Vertraulichkeit der Identität der hinweisgebenden Person gewährleisten. Unbefugte Personen dürfen also keinen Zugriff auf die Daten der hinweisgebenden Person haben. 

Daneben müssen Unternehmen auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten. Dafür sind Meldekanäle vorzuhalten, welche die anonyme Kontaktaufnahme und die für die hinweisgebende Person anonyme Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und interner Meldestelle ermöglichen. 
Gegen Hinweisgeber gerichtete Repressalien werden ausdrücklich verboten. Ungerechtfertigte Benachteiligungen, wie Kündigungen, Abmahnungen, Versagung einer Beförderung oder Mobbing, sind demnach unzulässig. Für den Fall, dass eine hinweisgebende Person nach einer Meldung berufliche Nachteile erfährt, ist zudem eine Beweislastumkehr vorgesehen. Rügt eine hinweisgebende Person nach einer Meldung einen beruflichen Nachteil, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass dieser nicht im Zusammenhang mit der Meldung steht.

Was droht?

Unternehmen, die den Anforderungen nicht oder nicht fristgemäß entsprechen, drohen empfindliche Bußgelder. So kann ein Verstoß gegen die Pflicht zur Einrichtung einer Meldestelle bis zu 20.000 Euro kosten. Ebenso ist ein vorsätzlicher, aber auch fahrlässiger Verst0ß gegen die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit der Identität der hinweisgebenden Personen mit einem Bußgeld bewährt. Daneben treten mögliche Schadensersatzansprüche.

Besonders teuer kann ein Verstoß gegen das Repressalienverbot werden. Hierfür können bis zu 50.000 Euro Bußgeld verhängt werden. 
Ein gutes Hinweisgebermanagement ist folglich essenziell.

Kehrseitig drohen auch hinweisgebenden Personen Bußgelder und Schadensersatzansprüche für vorsätzliche Falschmeldungen.

Was sollten Unternehmen jetzt tun?

Das Inkrafttreten des HinSchG steht unmittelbar bevor und die Umsetzungsfristen sind knapp. Unternehmen sollten nun zügig feststellen, ob sie von den Neuerungen betroffen sind und wie sie den Anforderungen am besten begegnen können. Wenngleich der neue Pflichtenkatalog des HinSchG Herausforderungen mit sich mitbringt, kann jedes Unternehmen durch ein funktionierendes Hinweisgebermanagement profitieren: Vertrauliche Informationen können im Unternehmen gehalten werden, potenzielle Verstöße können zügig aufgedeckt und in der Zukunft mit geeigneten Folgemaßnahmen verhindert werden, womit Reputationsschäden vorbeugt werden kann. Ein funktionierendes Hinweisgebermanagement ist ein damit ein essenzieller und zugleich gewinnbringender Baustein eines wirksamen Compliance-Management-Systems.

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