Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat jüngst eine Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen erneut bestätigt. Die Entscheidung konkretisiert in erfreulicher Weise die ganz passabel handhabbaren Kündigungsvoraussetzungen.
LAG Mecklenburg-Vorpommern (5. Kammer), Urt. V. 07.05.2024– 5 Sa 56/23
Der Arbeitnehmer war in den Jahren 2018 bis 2022 stets zwischen 40 und 44 Arbeitstagen pro Jahr arbeitsunfähig erkrankt, im Jahr 2020 lediglich 33 Arbeitstage. Die Arbeitgeberin leistete für sämtliche Ausfallzeiten Entgeltfortzahlung. Auf zwei Angebote im Jahr 2019, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, reagierte der Arbeitnehmer nicht. Im Jahr 2020 und 2021 führten die Parteien jeweils ein betriebliches Eingliederungsmanagement durch. Ein weiteres Angebot der Arbeitgeberin im Jahr 2022 lehnte der Arbeitnehmer ab. Nach Anhörung des Betriebsrats, kündigte die Arbeitgeberin daraufhin das Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgerecht.
Bereits das Arbeitsgericht Schwerin wies die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers ab. Das LAG bestätigte diese Entscheidung. Häufige Kurzerkrankungen können danach eine negative Gesundheitsprognose rechtfertigen, insbesondere wenn es in der Vergangenheit regelmäßig zu erheblichen Fehlzeiten gekommen ist (siehe dazu oben die im konkreten Fall eingetretenen Fehlzeiten). Auch wenn diese Erkrankungen unterschiedliche Ursachen haben, könne dies auf eine allgemeine Krankheitsanfälligkeit hindeuten, die prognostisch andauert. Für die Erstellung der Gesundheitsprognose sei ein Referenzzeitraum von drei Jahren maßgeblich.
Das Gericht bejahte die Negativprognose, da diese vom Kläger nicht entkräftet werden konnte. Im konkreten Fall gebe es keine nachvollziehbaren Gründe, warum die Atemwegserkrankungen, wie vom Kläger behauptet, in Zukunft nicht mehr oder nicht mehr in diesem Ausmaß auftreten sollten. Ein ärztliches Attest habe der Kläger nicht vorgelegt. Der Kläger habe auch nur behauptet, dass seine orthopädischen Krankheiten ausgeheilt seien. Eine ärztliche Einschätzung dazu liege jedoch nicht vor.
Das Gericht erkannte die betrieblichen Beeinträchtigungen durch die Fehlzeiten des Klägers als erheblich an. Neben den hohen Entgeltfortzahlungskosten musste der Arbeitgeber oft kurzfristig Ersatzbeschäftigungen organisieren, was zu zusätzlichen Kosten und organisatorischem Aufwand führte. Die Kündigung sei auch unter Abwägung der Interessen beider Parteien gerechtfertigt, insbesondere da keine mildere Maßnahme zur Reduzierung der Fehlzeiten ersichtlich war.
Die Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern verdeutlicht, dass häufige und erhebliche Fehlzeiten eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen können. Das Gericht gibt dafür im Zusammenhang mit dem konkreten Sachverhalt auch recht gut handhabbare Kriterien an die Hand. Vor allem reicht es zunächst, wenn der Arbeitgeber die (erheblichen) Fehlzeiten darlegt und behauptet, dass in Zukunft mit entsprechenden Fehlzeiten zu rechnen ist. Es liegt dann beim Arbeitnehmer seine positive Prognose zur Krankheitsentwicklung darzulegen und seine Ärzte gegebenenfalls von der Schweigepflicht zu entbinden. Mit diesen Kriterien dürfte sich auch das in der anwaltlichen Praxis bedauerlicherweise gelegentlich auftretende, von Arzt und Patient kollusive Zusammenflunkern von angeblich krankheitsbedingten häufigen Abwesenheiten etwas eindämmen lassen.