Das Mobilitätsbudget findet in den letzten Jahren bei Unternehmen immer größeren Zuspruch. Unternehmen versuchen dadurch ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren und gleichzeitig häufig die Kosten zu senken. Dies spiegelt sich auch auf der Arbeitnehmerseite wider. Während früher viele Arbeitnehmer auf einen Dienstwagen bestanden haben, wünschen sich heute viele von ihnen mehr Flexibilität bei ihren Fortbewegungsmöglichkeiten.
Ein Hemmnis für eine stärkere Verbreitung des Mobilitätsbudgets war bisher wenig überraschend die steuerliche Behandlung. Diese steuerliche Hürde will die aktuelle Bundesregierung mit ihrem Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 (der „Entwurf“) nun beseitigen. Erklärtes Ziel ist es, die bereits vorhandenen Anreize zur Förderung einer möglichst umweltverträglichen Mobilität auszuweiten (S. 135 des Entwurfs).
Ob dies gelingt und welche Herausforderungen sich daraus für Unternehmen ergeben, soll der nachfolgende Beitrag aufzeigen.
Update vom 16.10.2024: Mobilitätsbudget wird aus dem Jahressteuergesetz gestrichen
Am 16.10.2024 hat der Finanzausschuss das Mobilitätsbudget überraschend aus dem Jahressteuergesetz gestrichen. In einer offiziellen Erklärung wurde jedoch betont, dass das Ziel, Vereinfachungen bei der Lohnsteuer und den Sozialabgaben zu erreichen, weiterhin verfolgt wird. Damit bleibt die Tür für ein Mobilitätsbudget in zukünftigen Jahressteuergesetzen, wenn auch in abgewandelter Form, zumindest offen.
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Ein Mobilitätsbudget bietet Arbeitnehmern die Möglichkeit, im Rahmen eines zuvor mit dem Arbeitgeber vereinbarten Budgets verschiedene Mobilitätsleistungen unabhängig von der Art des Verkehrsmittels nutzen zu können. Die Nutzung des Budgets kann auf dienstliche oder private Fahrten beschränkt werden.
Durch den neuen § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 S. 1 EStG-E sollen Arbeitgeber eigene oder durch beauftragte Dritte an Arbeitnehmer erbrachte Leistungen aus einem Mobilitätsbudget bis zu einem Höchstbetrag von 2.400 EUR im Kalenderjahr pauschal mit 25 % versteuern können, sofern die Leistungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden (§ 8 Abs. 4 EStG; d.h. Entgeltumwandlungen werden nicht begünstigt). In das Mobilitätsbudget sollen nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 S. 2 EStG-E außerdienstliche Mobilitätsleistungen fallen, die als Zuschuss oder Sachbezug gewährt werden.
Neben dem Erwerb von (Zeit-)Karten für den Bus- und Bahnverkehr sollen von der geplanten Neuregelung insbesondere solche Mobilitätsformen umfasst sein, die nur kurzfristig, gelegentlich und bedarfsgerecht bereitgestellt werden. Dazu zählen beispielsweise E Scooter, Car-Sharing, Bike-Sharing oder Fahrdienste (z.B. Taxi oder Uber).
Nicht von der neuen Regelung umfasst sind hingegen eine dauerhafte Nutzung von Verkehrsmitteln, die Erstattung reiner verkehrsbezogener Einzelkosten, wie Tankkarten oder Reparaturleistungen, Luftfahrzeuge, private Kraftfahrzeuge und dem Arbeitnehmer dauerhaft überlassene Kraftfahrzeuge (S. 135 f. des Entwurfs).
Die geplante Regelung zur pauschalen Besteuerung des Mobilitätsbudgets erweitert die Möglichkeiten der Arbeitgeber beim Lohnsteuerabzug.
Ein Vorteil besteht zunächst darin, dass steuerfreie Arbeitgeberleistungen das pauschalierungsfähige Budget nicht aufbrauchen, sondern Steuerbefreiungen weiterhin genutzt werden können. Als steuerfreie Leistungen kommen insbesondere die Erstattung von Reisekosten (§ 3 Nr. 13 oder Nr. 16 EStG), die Gewährung eines Job-Tickets (§ 3 Nr. 15 EStG) oder eines betrieblichen Fahrrads (§ 3 Nr. 37 EStG) in Betracht.
Die Pauschalierung bietet aus Sicht des Arbeitgebers zudem zahlreiche weitere Vorteile:
Zu beachten ist, dass das Mobilitätsbudget auch als Sachbezug oder Zuschuss gem. § 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG pauschal besteuert werden kann. Der Arbeitgeber muss daher wählen, auf welche der beiden Vorschriften er sich beruft (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 S. 4 EStG-E).
Da pauschal besteuerte Arbeitgeberleistungen gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 8 LStDV im Lohnkonto aufzuzeichnen sind, ist mit den dortigen Aufzeichnungen eine Entscheidung dahingehend zu treffen, auf welche der beiden Pauschalierungsvorschriften er sich bei der Gewährung eines Mobilitätsbudgets beruft.
Nach § 40 Abs. 4 S. 1 EStG-E hat die Ausübung aller lohnsteuerlichen Pauschalierungswahlrechte – also auch bei Anwendung der geplanten Regelung – nunmehr grundsätzlich durch Übermittlung bzw. Abgabe einer entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldung zu erfolgen.
Die dienstliche Nutzung von Verkehrsmitteln auf Kosten des Arbeitgebers führt nicht zu einem steuerpflichtigen Arbeitslohn des Arbeitnehmers. Dies führt insbesondere bei Zeitfahrkarten, die sowohl beruflich als auch privat genutzt werden können, zu praktischen Schwierigkeiten.
Bei Zeitkarten wird die dienstliche Nutzung in der Regel mittels einer individuellen Prognose für jeden einzelnen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Zuwendung oder Bezuschussung ermittelt. Diese läuft in den Fällen der § 3 Nr. 13 oder Nr. 16 EStG oder § 3 Nr. 15 EStG wie folgt ab:
Zunächst werden die Kosten für Einzelfahrkarten ermittelt, die bei beruflichen Auswärtstätigkeiten oder Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte ohne Nutzung der Zeitkarten anfallen würden. Diese werden anschließend mit den Kosten der Zeitfahrkarte verglichen. Nur wenn die prognostizierten Kosten für die Einzelfahrkarten den Preis der Zeitkarte erreichen oder übersteigen, wird davon ausgegangen, dass die Nutzung überwiegend dienstlich erfolgt und eine steuerfreie Erstattung möglich ist. Sofern sich die der Prognose zugrunde liegenden Annahmen jedoch wesentlich ändern, kann es zu einer Korrektur und ggf. zur Nachversteuerung kommen, sodass der Arbeitgeber einem Lohnsteuerhaftungsrisiko ausgesetzt ist.
Für Arbeitgeber stellt die Prognose oftmals einen erheblichen Aufwand dar, wodurch die steuerfreie Zuwendung oder Bezuschussung von Zeitkarten verhindert wird.
Bei einer Nutzung des Mobilitätsbudgets wäre daher eine einfach handhabbare Lösung zur Ermittlung des dienstlichen Anteils wünschenswert. Im bisherigen Gesetzgebungsverfahren wurden teilweise pauschale Ansätze (80 % dienstlich und 20 % privat) vorgeschlagen, flankiert durch die Möglichkeit des Nachweises des tatsächlichen Anteils. Eine solche Lösung wäre wünschenswert und könnte der Bedeutung der geplanten Regelung einen deutlichen Schub verleihen.
Daneben ist noch unklar, ob die Bewertung nach den Aufwendungen des Arbeitgebers gemäß § 40 Abs. 2 S. 4 EStG-E im Umsatzsteuerrecht übernommen wird oder ob die Bewertungen künftig voneinander abweichen, da § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 UStG die Bemessung nach dem marktüblichen Entgelt vorsieht.
Bis zur Verabschiedung des Regierungsentwurfs bleibt daher zu hoffen, dass die bisherige Regelung insoweit noch eine Anpassung erfährt, bevor die Regelung zur Pauschalierung des Mobilitätsbudgets mit der Verkündung des Gesetzes (voraussichtlich Ende 2024) in Kraft tritt.
Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung im Arbeitsrecht, die Anspruch und Voraussetzungen eines Mobilitätsbudgets festschreibt, ist es in erster Linie Sache der Arbeitsvertragsparteien – namentlich des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers – hierzu die notwendigen Vereinbarungen zu treffen. In der Praxis werden diese üblicherweise im Arbeitsvertrag selbst oder in entsprechenden Zusatzvereinbarungen zu finden sein. Es empfiehlt sich, bei der Dokumentation besonders sorgfältig vorzugehen. Dies betrifft nicht nur die Beschreibung der Voraussetzungen der Inanspruchnahme eines Mobilitätsbudgets und des Umfangs daraus resultierender Ansprüche, sondern auch eine sorgsame Prüfung, ob und in welchem Umfang Loslösungsrechte hier sinnvoll erscheinen und wirksam vereinbart werden können. Schon um als Arbeitgeber möglichst flexibel auf etwaige Änderungen der zugrunde liegenden steuerrechtlichen Vorgaben reagieren zu können, empfiehlt es sich, sorgsam abzuwägen, wie lange man sich zeitlich binden möchte, und über eine zeitliche Begrenzung bzw. die Vereinbarung eines entsprechenden Freiwilligkeitsvorbehaltes zum Ausschluss einer zukünftigen Bindung nachzudenken. Besonderheiten bei der arbeitsvertraglichen Ausgestaltung ergeben sich auch dann, wenn mit der Gewährung des Mobilitätsbudgets andere, bestehende Vereinbarungen (z.B. zur Gestellung eines Dienstwagens) geändert oder aufgehoben werden sollen.
Arbeitgeber, die eine entsprechende Dokumentation versäumen oder bewusst unterlassen, laufen demgegenüber Gefahr, durch die (mehrmalige) Zurverfügungstellung eines Mobilitätsbudgets ungewollte Ansprüche aus betrieblicher Übung für die Zukunft zu begründen.
Soweit für den jeweiligen Betrieb ein Betriebsrat gewählt ist, werden diesem im Zusammenhang mit der Gewährung eines Mobilitätsbudgets regelmäßig weitgehende Beteiligungsrechte zu teil. Zwar kann der Betriebsrat seinerseits nicht verlangen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmern ein Mobilitätsbudget zur Verfügung stellt (das „Ob“). Wenn sich der Arbeitgeber aber eben dazu entschließt, hat der Betriebsrat – je nach konkreter Ausgestaltung - im Rahmen des „Wie“ mitzubestimmen. In diesen Fällen werden die Rahmenbedingungen zur Inanspruchnahme des Mobilitätsbudgets regelmäßig Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Besonderes Augenmerk liegt hier auf § 87 Abs. 1 Nr. 1 (Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitsnehmer) und Nr. 10 (Fragen der betrieblichen Lohngestaltung) BetrVG.
Da Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf die Bereitstellung eines Mobilitätsbudgets haben, obliegt es dem Grunde nach zwar dem Arbeitgeber, nicht nur zu entscheiden, ob er ein solches Budget zur Verfügung stellen möchte, sondern auch, welche Arbeitnehmer insoweit anspruchsberechtigt sein sollen. Diese Auswahl darf aber weder diskriminierenden Charakter haben noch darf darin ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegen, der seinerseits eine willkürliche Ungleichbehandlung vergleichbarer Arbeitnehmer verbietet.
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Die vorstehenden Ausführungen dienen nur der ersten Information und ersetzen keine Rechts- oder Steuerberatung.
Bei der Erstellung des Artikels hat unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Lara Salomon mitgewirkt.