e-Evidence-Umsetzungs- und Durchführungsgesetz: Erste Lesung im Bundestag

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Sven-Erik Heun

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Valerian Jenny

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Der Bundestag berät am Freitag (19. Dezember 2025) in erster Lesung den Regierungsentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der e-Evidence-Richtlinie (RL (EU) 2023/1544) und zur Durchführung der e-Evidence-Verordnung (VO (EU) 2023/1543).

Hintergrund: Das europäische e-Evidence-Paket

Das europäische e-Evidence-Paket soll den grenzüberschreitenden Zugriff von Strafverfolgungsbehörden auf elektronische Beweismittel (Teilnehmer-, Verkehrs und Inhaltsdaten) vereinfachen und beschleunigen. Kerninstrumente sind die Europäische Herausgabeanordnung und die Europäische Sicherungsanordnung, mit denen zuständige Behörden Diensteanbieter in anderen Mitgliedstaaten unmittelbar zur Herausgabe oder Sicherung von Daten verpflichten können. 

Verpflichtete Diensteanbieter sind Telekommunikationsdiensteanbieter, Internetdomänennamen- und IP-Nummerierungsdienste sowie Anbieter von digitalen Diensten, soweit sie die Kommunikation zwischen Nutzern oder die Datenverarbeitung ermöglichen. Die Verordnung gilt zudem nicht nur für Unternehmen mit Sitz in der EU. Auch Anbieter mit Hauptsitz außerhalb der EU, die ihre Dienste in der Union anbieten, müssen sich an die Regeln halten.

Die e-Evidence-Verordnung gilt in den Mitgliedstaaten unmittelbar und ist ab dem 18. August 2026 anwendbar. Die e-Evidence-Richtlinie ergänzt die Verordnung um organisations- und sanktionsrechtliche Vorgaben für Diensteanbieter. Insbesondere verpflichtet sie die Mitgliedstaaten, Regelungen zur Einrichtung sogenannter Adressaten vorzusehen, die e-Evidence-Anordnungen entgegennehmen und ausführen („Benannte Niederlassungen“ oder „Bestellte Vertreter“). Die Richtlinie ist von den Mitgliedstaaten bis zum 18. Februar 2026 umzusetzen. 

Den e-Evidence-Mechanismus und die zugrundeliegenden Rechtsakte haben wir bereits in einem früheren Insight (siehe „e-Evidence-Rechtsakte: Umsetzungs- und Anwendungs-Countdown, deutsch) sowie ergänzend in einem Überblick zu den zentralen Compliance-Anforderungen (siehe „e-Evidence Regulation: Key compliance takeaways for service providers by 2026“, englisch) näher dargestellt.

Kernelemente des deutschen Durchführungs-/Umsetzungsentwurfs

Zur Umsetzung und Durchführung sieht der Gesetzentwurf vor:

  • Einführung eines neuen Stammgesetzes, des Elektronische-Beweismittel-Umsetzungs-und-Durchführungsgesetzes (EBewMG),
  • Anpassung einer Vorschrift des TKG an das e-Evidence-Paket,
  • Einführung zweier neuer Datenverarbeitungsbefugnisse im TDDDG.

1. EBewMG – Überblick über die Regelungsstruktur

Erster Teil
Der erste Teil enthält die Begriffsbestimmungen, wobei auf die e-Evidence-Richtlinie und die -Verordnung verwiesen wird.

Zweiter Teil (Umsetzung der Richtlinie):
Diensteanbieter mit einem Anknüpfungspunkt zu Deutschland werden verpflichtet, entweder eine Niederlassung in Deutschland zu benennen oder einen Vertreter zu bestellen. Je nach Ort der Niederlassung und Ort des Diensteangebots kann die Benennung in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich oder wahlweise zulässig sein. Benannte Niederlassungen oder Vertreter nehmen e-Evidence-Anordnungen entgegen und sorgen für deren Ausführung. Die Benennung/Bestellung ist der nationalen „Zentralen Behörde“ zu melden. In Deutschland soll das Bundesamt für Justiz (BfJ) benannt werden. Der zweite Teil des EBewMG regelt die Befugnisse des BfJ als Zentrale Behörde.

Dritter Teil (Durchführung der Verordnung):
Im dritten Teil des EBewMG werden verfahrensrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Europäischen Herausgabeanordnungen geregelt, insbesondere Zuständigkeiten von Staatsanwaltschaften und Gerichten sowie Rechtsschutzmöglichkeiten. Regelungen zur Durchführung europäischer Sicherungsanordnungen fehlen bislang. Hintergrund ist, dass es im deutschen Recht derzeit kein vergleichbares innerstaatliches Instrument zur Datensicherung bzw. Löschungsuntersagung gibt. Laut dem BMJV soll diese Lücke zeitnah durch eine Änderung der StPO geschlossen werden, entsprechende Anpassungen des EBewMG sollen folgen.

Vierter Teil (Bußgeldvorschriften):

  • Das BfJ kann Bußgelder in Höhe von bis zu 500.000 EUR oder bis zu 2 % des Gesamtumsatzes des Diensteanbieters bei Verstößen gegen die Pflicht zur Benennung einer Niederlassung bzw. Bestellung eines Vertreters oder gegen die Meldepflicht verhängen.
  • Die Staatsanwaltschaften können Bußgelder in Höhe von bis zu 100.000 EUR oder bis zu 2 % des Gesamtumsatzes des Diensteanbieters verhängen, insbesondere bei Verstößen gegen Pflichten aus Europäischen Herausgabe- oder Sicherungsanordnungen.

2. Änderungen im TKG und TDDDG

Die Änderung im TKG dient der Klarstellung des Verhältnisses zwischen der e-Evidence-Adressaten-Meldepflicht und bestehenden nationalen Regelungen für TK-Anbieter.

Im TDDDG werden neue Datenverarbeitungsgrundlagen eingeführt (§ 13a für TK-Diensteanbieter, § 24a für Anbieter digitaler Dienste). Diese erlauben ausdrücklich die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Ausführung von Herausgabe- und Sicherungsanordnungen und sind vor dem Hintergrund der „Doppeltür“-Rechtsprechung des BVerfG erforderlich.

Offene Baustellen und praktische Relevanz

Größtes Problem aus Sicht der Diensteanbieter ist der unklare Anwendungsbereich der e-Evidence-Richtlinie. Die Pflicht zur Benennung einer Niederlassung oder eines Vertreters entfällt, wenn ein Anbieter seine Dienste ausschließlich im Mitgliedstaat seiner Niederlassung anbietet. Kann sich ein Diensteanbieter auf diese Ausnahmeregelung berufen, laufen wesentliche Pflichten der e-Evidence-Verordnung faktisch ins Leere. Wann die Ausnahme greift, ist jedoch unklar: Begriffe wie „Anbieten“ und „Niederlassung“ sind weder in der e-Evidence-Richtlinie noch im deutschen Umsetzungsentwurf hinreichend präzisiert. Dadurch verbleiben insbesondere bei grenzüberschreitenden Geschäftsmodellen – etwa bei Roaming-Konstellationen oder bei der Einbindung einer ausländischen Schwestergesellschaft zur technischen Erbringung des Dienstes – erhebliche Rechtsunsicherheiten. 

Vor diesem Hintergrund bedarf es einer strukturierten Einzelfallanalyse des Geschäftsmodells und der angebotenen Dienste, insbesondere im Hinblick auf Marktausrichtung, Vertragsstruktur, konzerninterne Leistungserbringung sowie technische Verantwortlichkeiten.

Ausblick

Nach der ersten Lesung wird der Gesetzentwurf in die Ausschüsse überwiesen (federführend: Rechtsausschuss; zudem Innen- und Finanzausschuss). Ob dort zumindest für Deutschland Klarstellungen zum Anwendungsbereich erfolgen, bleibt abzuwarten.

Der deutsche Gesetzgeber wird die Umsetzungsfrist zum 18.02.2026 voraussichtlich knapp verfehlen; derzeit ist jedoch nur mit einer Verzögerung von wenigen Wochen zu rechnen. Eine vollständig abgeschlossene Umsetzung der Richtlinie ist bislang aus keinem Mitgliedstaat bekannt.

Gerne unterstützen wir Sie dabei zu bewerten, inwiefern das e-Evidence-Paket Ihr Unternehmen trifft und welche praktischen Konsequenzen sich aus dem aktuellen deutschen Entwurf ergeben.

Gemeinsam mit unseren internationalen Kollegen laden wir Sie zudem herzlich zu einem Webinar am 03.02.2026 ein: Understanding the EU e-Evidence Package - Compliance and Challenges - Bird & Bird

Für Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich auch schon vorab jederzeit zur Verfügung.

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