Die Mercedes-Benz AG („MBAG“) sowie die Daimler Truck AG („DTAG“) haben Ende letzten Jahres neue Versionen ihrer „Special Terms“ herausgegeben. Die Mercedes-Benz Special Terms 2025 („MBST 2025“) folgen den bisherigen MBST 2020 und den Mercedes-Benz Special Terms Software 2022 nach. Die Daimler Truck Special Terms 12/2024 („DTST 12/2024“) ersetzen die vorherigen DTST 12/2021. Die „Special Terms“ werden mit Lieferanten vereinbart und enthalten umfangreiche Regelungen zur Ausgestaltung der Lieferbeziehung und den damit verbundenen Abläufen. Sie betreffen beispielsweise die Beschaffung und den Umgang mit Werkzeugen, die Ersatzteilversorgung, die Qualitätssicherung, Lieferabrufe und Abnahmeverpflichtungen, die Abwicklung von Vorgängen im Feldregress und verschiedene Compliance-Anforderungen.
Wichtige Änderungen in den MBST 2025 im Überblick
Von den zahlreichen Änderungen in den neuen MBST 2025 möchten wir die folgenden Neuerungen besonders hervorheben:
Integration von Regelungen zu Software: Die MBST 2025 enthalten erstmals ausführliche Regelungen zu Software. Sie betreffen die Lieferung von stand-alone Software und von embedded Software, die in Fahrzeugteilen enthalten ist. Die Regelungen stimmen weitgehend mit den bisherigen Mercedes-Benz Special Terms Software 2022 („MBST-SW 2022“) überein, die nunmehr in die allgemeinen MBST 2025 integriert werden.
Ausweitung und Verschärfung der Regelungen zu Qualitätssicherung und Gewährleistung (MBST 14/08; MBST 18/07): Die Kapitel zu Qualitätssicherung und Gewährleistung sind infolge der Integration der software-bezogenen Regelungen erheblich umfangreicher als in den MBST 2020. Inhaltlich finden sich u.a. folgende Neuerungen:
Der Lieferant wird verpflichtet, vor Beginn der Serienfertigung Leistungstests und andere Absicherungen durchzuführen, die den vereinbarten Hochlaufkapazitäten entsprechen und die Lieferfähigkeit unter den Bedingungen der Serienfertigung nachweisen.
Im Rahmen der Regelungen zum Feldregress werden die Pflichten des Lieferanten zur Schadteil- und Fehleranalyse ausgeweitet und verschärft. Beispielsweise sehen die MBST 2025 ausdrücklich vor, dass MBAG dem Lieferanten in größerem Umfang als bisher und ohne Beschränkung auf bestimmte Referenzmärkte Schadteile zur verpflichtenden Analyse zur Verfügung stellen kann, wenn dies einer schnelleren und umfassenderen Fehlerabstellung oder der Aufklärung neuer oder langfristiger Schadensbilder dient. Zur Beschleunigung der Fehleranalyse wird der Lieferant außerdem verpflichtet, einen Analysestandort in Europa zu betreiben und separate Vorkehrungen für die Absatzmärkte USA und China zu treffen.
MBAG räumt sich das Recht ein, den Ablauf der Fehleranalyse beim Lieferanten zu auditieren.
Verschärfung bei Regelungen zu Werkzeugen (MBST 31/12): Auch in Bezug auf den Umgang mit Werkzeugen, die im Eigentum der MBAG stehen, verschärfen die MBST 2025 die Pflichten des Lieferanten. Zum Beispiel hat der Lieferant auf Anforderung von MBAG künftig schriftliche Nachweise darüber vorzulegen, dass entsprechende Werkzeuge ausschließlich zur Fertigung für MBAG eingesetzt werden. Darüber hinaus bedürfen Änderungen der Werkzeugstandorte der Vorabinformation und Zustimmung durch MBAG und treffen den Lieferanten Informations- und Mitwirkungspflichten bei steuerlichen Prüfungen. An Werkzeugen, die nicht im Eigentum von MBAG stehen, erhält MBAG unter bestimmten Voraussetzungen Sicherungseigentum für den Fall der Unterbrechung der Belieferung.
Bereitstellung von digitalen Produktdaten im Entwicklungsprozess (MBST 01/13): Die MBST 2025 enthalten eine breit angelegte Verpflichtung des Lieferanten, nach der dieser MBAG bauteilspezifische Produktdaten (CAD- und E/E-Daten) zur Verfügung stellen muss, damit MBAG ihren Nachweispflichten aus bestimmten bestehenden und künftigen EU-Regelungen sowie technischen Standards nachkommen kann.
Pflichten im Umgang mit Ladungsträgern (MBST 28/17): Im Bereich Logistik wird der Lieferant u.a. zur Klärung von Inventurdifferenzen bei Ladungsträgern und zur Übernahme von diesbezüglichen Bearbeitungskosten von MBAG verpflichtet.
Neufassung der Regelungen zu Product Compliance (MBST 36/14): Für allgemeine Compliance-Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit, Menschenrechte und Umwelt verweisen die MBST 2025 auf die „Responsible Sourcing Standards“ der MBAG. Letztere werden somit über die Vereinbarung der MBST 2025 Vertragsbestandteil, soweit sie nicht schon anderweitig vereinbart sind. Deutlich ausgebaut sind in den MBST 2025 die Regelungen zur Einhaltung technischer Produktanforderungen („Technical Compliance“) in allen Vertriebsmärkten und über den gesamten Produktlebenszyklus. Sie enthalten nun auch ausführliche Vorgaben zur Unterhaltung eines „technical Compliance Management Systems“ beim Lieferanten einschließlich der Verpflichtung zur Weitergabe an Sublieferanten und außerdem zusätzliche Anforderungen im Hinblick auf Cyber Security bei Liefergegenständen, die für die Gewährleistung von Cyber Security auf Fahrzeugebene relevant sind.
Besonderheiten in den DTST 12/2024
Die Änderungen in den DTST 12/2024 fallen insgesamt deutlich weniger umfangreich aus als die in den MBST 2025. Im Gegensatz zu den MBST 2025 wurden die Regelungen zur Software in die DTST 12/2024 nicht aufgenommen. Die DTST 12/2024 sind sogar insgesamt schlanker gefasst als die Vorgängerversion.
Wesentliche Änderungen der DTST 12/2024 im Vergleich zur Vorgängerregelung betreffen vor allem folgende Themen:
Explizite Einbeziehung von Folgeschäden in die Sachmängelkosten bei einem (regulären) Feldregress.
Die bisher in den DTST 12/2021 enthaltene Regelung eines Schiedsgutachterverfahrens zur Klärung des Vorliegens eines Mangels bei einem Feldregress ist in den DTST 12/2024 entfallen.
In dem neuen Kapitel „DTST 43/01 - Informationssicherheit“ wurden erstmals detaillierte Pflichten betreffend die IT-Sicherheit mitaufgenommen. Diese enthalten insbesondere strenge Unterrichtungspflichten gegenüber der DTAG sowie die Pflicht zur Mitarbeiterschulung und eine Zertifizierungspflicht. Darüber hinaus behält sich die DTAG ein Recht zur Nachprüfung im Rahmen eines Audits vor.
Handlungsempfehlungen
Lieferanten von Fahrzeugteilen, die in Lieferbeziehungen zu MBAG oder DTAG stehen und/oder künftige Projekte mit diesen anstreben, sind gut beraten, sich frühzeitig und im Austausch zwischen allen betroffenen Fachabteilungen mit den verschiedenen Neuregelungen und ihren (potentiellen) Auswirkungen für die eigene Aufstellung zu befassen.
Handlungsbedarf wird sich häufig in mehrfacher Hinsicht ergeben: Zunächst sollten Lieferanten mit ausreichend Vorlauf eruieren, ob und ggf. zu welchen Regelungen in Verhandlungen Änderungen angestrebt werden sollen und wie diese ggf. begründet und ausgestaltet werden können.
Soweit Regelungen der MBST 2025 und der DTST 12/2024 akzeptiert werden oder Verhandlungen keine Aussicht auf Erfolg haben, müssen unter Umständen Vorbereitungen zur Anpassung der Abläufe und Aufgaben innerhalb der eigenen Organisation begonnen werden.
Schließlich werden regelmäßig Anpassungen der bestehenden und/oder künftigen Verträge mit den eigenen Unterlieferanten in Betracht zu ziehen sein, um die neuen Anforderungen der MBST 2025 und der DTST 12/2024 in der eigenen Lieferkette weiterzugeben und Haftungslücken zu Lasten des eigenen Unternehmens zu vermeiden.