Ist die Kurzarbeit im Unternehmen beendet, folgt die Prüfung der Abrechnung durch die Agentur für Arbeit (AfA) dem auf dem Fuße. Ist HR/Payroll auf die Prüfung nicht vorbereitet, kann das zu erheblichem Aufwand und Überraschungen führen. Vor allem lassen sich einige erforderliche Nachweise nicht mehr im Nachhinein erzeugen. Gut aufgestellt ist, wer bereits bei laufender Kurzarbeit einige grundlegende Vorkehrungen trifft. Die Abschlussprüfung der AfA ist dann ein formales Verfahren, vor dem sich kein Unternehmen fürchten muss.
Grundvoraussetzung ist, dass die Kurzarbeit arbeitsrechtlich wirksam eingeführt worden ist. Das ist allerdings nicht einfach im Wege des Direktionsrechts gem. § 106 GewO möglich, sondern erfordert eine Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder arbeitsvertragliche Klausel/Änderungsvereinbarung.
Unbedingt sollten alle (!) Mitarbeiter im Unternehmen Arbeitszeitnachweise führen. Aus denen muss die tägliche Arbeitszeit und die Arbeitszeitverteilung ersichtlich sein. Dies gilt auch unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer regulär in Vertrauensarbeitszeit beschäftigt ist. Ferner sollte daran gedacht werden, der AfA mitzuteilen, sobald es Personalveränderungen (Kündigung, Einstellung, Ausbildungsverträge) gibt. Bei Kündigungen ist daran zu denken, dass den Mitarbeitern ab Zugang der Kündigung kein Kurzarbeitergeld mehr zusteht (egal von wem die Kündigung ausgeht), da die persönlichen Voraussetzungen entfallen. Bei Einstellungen ist zu beachten, dass diese nur in Absprache und mit Zustimmung der AfA stattfinden sollten. Ist die Neueinstellung auf Grund notwendiger spezifischer Fachkenntnisse für einen neuen Auftrag oder die Weiterführung des Betriebs notwendig und kann diese Tätigkeit nicht mit dem bestehenden Stammpersonal abgedeckt werden, wird die AfA ihr in der Regel zustimmen. Gleiches gilt für die Übernahme eines Auszubildenden/Studienabgänger und Verlängerung oder Entfristung eines bisher befristeten Beschäftigten oder wenn es sich um die Rückkehr aus einer Freistellung (ruhendes Arbeitsverhältnis) oder die Rückkehr eines Beschäftigten nach dem Bundesfreiwilligendienstes oder nach einer Wehrübung handelt.
Kein Kurzarbeitergeld steht Geschäftsführern oder Familienangehörigen zu, es sei denn, sie sind als Arbeitnehmer einzustufen. Kurzarbeitergeld wird außerdem nicht für Feiertage gezahlt, an denen üblicherweise nicht gearbeitet wird. Gleiches gilt für Urlaubstage.
Zum Thema Überstunden gilt: Kurzarbeitergeld wird für die Ausfallzeit gezahlt. Dabei ist die Soll-Arbeitszeit der tatsächlichen Arbeitszeit gegenüberzustellen. Das heißt: geleistete Arbeitszeit ist immer ins Ist-Entgelt einzurechnen, es gibt also keine Überstunden.
Wird die Kurzarbeit im Unternehmen unterbrochen, kann sie bei einer Unterbrechung von weniger als 3 Monaten verlängert werden. Sollte die Unterbrechung über 3 Monate liegen, ist eine neue Anzeige erforderlich. Auch beachtet werden sollte die 3-monatige Ausschlussfrist für Kurzarbeitergeld. Danach ist Kurzarbeitergeld für den jeweiligen Kalendermonat innerhalb von 3 Kalendermonaten pro Mitarbeiter zu beantragen. Hierbei sollte auch nicht vergessen werden, dass gegebenenfalls Nebeneinkommen anzurechnen sind.
Seit 1. Januar 2021 muss der Urlaub aus dem laufenden Jahr wieder für die Vermeidung der Kurzarbeit eingesetzt werden. Konkret verplante Urlaubstage der Beschäftigten werden aber zuerst berücksichtigt. Unternehmen in Kurzarbeit sollten vorrangige Urlaubswünsche der Beschäftigten z.B. durch eine Urlaubsplanung oder Urlaubsliste dokumentieren. Die Vermeidung der Kurzarbeit durch Einsatz von Urlaub wird auch bei der Abschlussprüfung geprüft.
Zudem gelten befristet bis 31. Dezember 2021 individuell höhere Leistungsätze, wenn der Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis März 2021 entstanden ist, d.h. Kurzarbeit bis zum 31. März 2021 eingeführt wurde:
Voraussetzung für die Erhöhung ist, dass im jeweiligen Bezugsmonat die Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt mindestens 50% beträgt
Wichtig für die Abrechnung ist dabei, dass die Bezugsdauer individuell je Arbeitnehmer zählt, auch bei verschiedenen Arbeitsausfällen, gegebenenfalls sogar bei verschiedenen Arbeitgebern. Auf die Zahl der Bezugsmonate werden auch die Monate angerechnet, in denen die Nettoentgeltdifferenz weniger als 50% betragen hat.
Beispiel:
Monat | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | ;12 |
Ausfall | 80% | 80% | 40% | 60% | 40% | 30% | 80% | |||
KUG | 60/ 67 | 60/ 67 | 60/ 67 | 70/ 77 | 60/ 67 | 60/ 67 | 60/ 67 |
Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld verschärfen sich im Laufe des Jahres 2021. Bei Kurzarbeit, die ab 1. Juli bis 31. Dezember 2021 begonnen wird, beträgt die Bezugsdauer nur noch 12 Monate. Dabei gilt dann wieder das Drittelerfordernis (1/3 der Beschäftigten haben einen Arbeitsausfall von mehr als 10%). Außerdem sind Minuskonten im Rahmen von Arbeitszeitkonten wieder zu prüfen und aufzubauen.
Der Ablauf der Abschlussprüfung ist relativ formal. Sie startet in der Regel mit einem Serienbrief, der das Unternehmen im laufenden Kurzarbeitergeld-Bezug auf die aufkommende Abschlussprüfung hinweist. Spätestens nach Abschluss der Kurzarbeit muss jeder Betrieb, der Kurzarbeitergeld bekommen hat, alle Voraussetzungen für die Kurzarbeit mit geeigneten Unterlagen nachweisen. Die konkreten Prüfinhalte werden von Arbeitsausfall zu Arbeitsausfall variieren. Beispiele für Prüfinhalte sind:
Die Unterlagen werden zumeist schriftlich angefordert. Die AfA kommt grundsätzlich nicht ins Haus. Vielmehr verlangt sie die Vorlage von Unterlagen und prüft dann bei sich ("Inhouse"), bei Bedarf allerdings auch vor Ort im Betrieb oder beim Steuerberater. Geprüft wird jeder Monat und in den Monaten einzelne Arbeitnehmer stichprobenweise vollständig. Hierbei stellt sich der Umfang wie folgt dar:
Anzahl KUG abgerechnete AN | Anzahl KUG abgerechnete AN |
1-20 Personen | 1 Bezieher |
21-50 | 3 |
51-500 | 5 |
>500 | 1% der Bezieher |
Unbedingt beachtet werden sollte die Frist zur Vorlage von Prüfunterlagen, die die AfA in Ihrem ersten persönlichen Anschreiben an das Unternehmen setzt. Diese darf auf keinen Fall missachtet werden. Ansonsten droht ein Erstattungsbescheid über das ganze ausgezahlte Kurzarbeitergeld. Kurzarbeitergeld wird nur vorübergehend gewährt und zielt auf die Unterhaltssicherung. Für den vorübergehenden Zeitraum ist es als "laufende Leistung" i.S.d. § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG anzusehen. Dementsprechend haben Widerspruch oder Klage gegen den Erstattungsbescheid keine aufschiebende Wirkung und sind sofort vollziehbar.
Kann also die Frist nicht eingehalten werden, sollte eine umgehende Rückmeldung erfolgen mit der Bitte um eine Fristverlängerung. Dem wird in der Regel stattgegeben.
Gefordert wird zur Prüfung in der Regel die Vorlage von:
Bei der Vorlage von Unterlagen sollte unbedingt auch die transparente und vollständige Vorlage beachtet werden. Sobald die AfA eine Verschleierung vermutet, gibt sie den Sachverhalt zur weiteren Prüfung an den Zoll weiter.
Werden bei der Prüfung der Unterlagen Fehler festgestellt, erfolgt die Prüfung von weiteren Personen mit gleich gelagerten Bemessungskriterien. Bestätigt diese Prüfung etwaige systematische Fehler, kann ein Korrekturantrag gestellt werden. Ergibt die Prüfung, dass es sich um keinen systematischen Fehler handelt, ergeht gegebenenfalls bereits in Abschlussbescheid den Hinweis auf geringfügige Mängel oder ein Erstattungsbescheid. Dabei gilt: Wurde zu viel Geld ausgezahlt, wird es zurückgefordert, wurde zu wenig gezahlt, wird Kurzarbeitergeld nachgezahlt. Unternehmen die trotz Erinnerung nicht an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken, erhalten in der Regel einen Erstattungsbescheid. Gegebenenfalls wird sogar ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, zum Beispiel auch bei Verstößen gegen den gesetzlichen Mindestlohn.
Die Regelungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld stellen eine mittelbare Förderung des Unternehmens dar, was auch Konsequenzen für die strafrechtliche Bewertung hat. Eine Anzeige eines Arbeitsausfalls sowie die Beantragung von Kurzarbeitergeld könnten als Subventionsantragstellung im Sinne des § 264 StGB (Subventionsbetrug) angesehen wird. Der Tatbestand des Subventionsbetrugs kann bereits erfüllt sein, wenn bloß leichtfertig gehandelt wurde. Hier kann das Unternehmen schnell ins Fadenkreuz der Ermittlungen geraten, wenn z.B. die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld aber nicht ausreichend geprüft und leichtfertig bejaht wurden. Eine nachvollziehbare Dokumentation hilft, einen Verdachtsfall auszuräumen.
Erst nach Ende der Abschlussprüfung wird ein abschließender Bescheid erstellt. Dieser stellt Rechtssicherheit sowohl für Unternehmen als auch für die AfA her.
Aktueller Handlungsbedarf ergibt sich insbesondere, wenn die oben skizzierten Regelungen nicht befolgt wurden/werden oder in der betrieblichen Praxis anders gelebt werden. Dabei sollte möglichst schnell nachgebessert werden, um das finanzielle Risiko überschaubar zu halten. Werden allerdings die grundlegenden Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld erfüllt, während des Laufs der Kurzarbeit kontinuierlich überwacht und eine entsprechende Dokumentation erstellt, ist die Abschlussprüfung schnell und unproblematisch zu überstehen. Wird die AfA vom Unternehmen ausreichend supportet und werden Unterlagen korrekt, vollständig und umfassend geliefert, sind Ängste unbegründet.