Bei einem Wandeldarlehen vereinbaren die Parteien die Möglichkeit oder die Pflicht für den Darlehensgeber, den Rückzahlungsanspruch in eine Beteiligung am Darlehensnehmer umzuwandeln. Wandeldarlehen, auch Convertible Loans genannt, kommen häufig bei Venture Capital Investitionen zur Anwendung, um sehr jungen Start-Ups eine Anschubfinanzierung zu gewähren oder benötigtes Kapital zwischen Finanzierungsrunden zur Verfügung zu stellten.
Eine Frage, die bei Wandeldarlehen immer wieder aufkommt, ist die Form, in der sie abgeschlossen werden müssen, insbesondere, ob die Hinzuziehung eines Notars für eine Beurkundung oder Unterschriftsbeglaubigung erforderlich ist.
Das hängt vornehmlich davon ab, wie das Wandeldarlehen ausgestaltet ist und welche Pflichten der Wandeldarlehensvertrag begründet.
Typischerweise sieht ein Wandeldarlehensvertrag vor, dass der Darlehensgeber anstelle der Rückzahlung der Darlehenssumme (nebst Zinsen) Geschäftsanteile in einem vorher bestimmten Wandlungsverhältnis am Darlehensnehmer erhält. Dies geschieht meistens durch Einlage des Darlehensrückzahlunganspruchs in die freie Kapitalrücklage des Darlehensnehmers unter gleichzeitiger Barzahlung der Kapitaleinlage für die Ausgabe neuer Anteile an den Darlehensgeber. Dazu muss aber die Gesellschaft neue Anteile ausgeben, was wiederum eine Kapitalerhöhung voraussetzt.
Wird der Wandeldarlehensvertrag nur zwischen Darlehensnehmer und Darlehensgeber abgeschlossen, trifft die Verpflichtung zur Kapitalerhöhung den Darlehensnehmer. Zuständig für Kapitalerhöhungen sind bei Kapitalgesellschaften aber nur deren Gesellschafter, weswegen die Gesellschaft bzw. ihr Geschäftsführer zum Abschluss eines Wandeldarlehens ermächtigt werden muss.
Vereinzelt wurde die Meinung vertreten, dass bereits diese Ermächtigung notariell beurkundet werden müsse, weil die (künftige) Kapitalerhöhung einer Satzungsänderung bedürfe, für die § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG die notarielle Beurkundung vorsehe. Die ganz herrschende Ansicht hält dies allerdings für nicht erforderlich, da eine Ermächtigung, vergleichbar mit einer Vollmachtserteilung, grundsätzlich nicht denselben Formvorschriften wie das Hauptgeschäft unterfalle.
Üblicherweise ist dem Darlehensgeber daran gelegen, dass auch die Gesellschafter des Darlehensnehmers den Wandeldarlehensvertrag mitunterzeichnen, damit sie unmittelbar selbst zur Fassung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses verpflichtet werden. Es ist daher gängige Praxis, dass die Gesellschafter des Darlehensnehmers den Wandeldarlehensvertrag mitunterzeichnen.
Die weit überwiegende Auffassung ist, dass eine notarielle Beurkundung auch dann nicht erforderlich ist. Die in § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG vorgeschrieben notarielle Beurkundung des Kapitalerhöhungsbeschlusses diene zuvorderst einer ordnungsgemäßen Dokumentation des Kapitalerhöhungsvorgangs und gerade nicht der Warnung und Aufklärung der Gesellschafter über die Tragweite ihrer Entscheidungen durch den Notar. Daher gebe es auch keinen Anlass, § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG bei der Verpflichtung zur Kapitalerhöhung anzuwenden.
Notariell zu beurkunden ist der Wandeldarlehensvertrag nach § 15 Abs. 4 GmbHG aber dann, wenn durch das Wandeldarlehen Verpflichtungen zum Anteilserwerb oder zur Anteilsveräußerung begründet werden können. Das geschieht meist unter den folgenden zwei Bedingungen, die in der Praxis nicht selten vorkommen:
Für große Diskussionen sorgte zuletzt eine Entscheidung des OLG Zweibrücken (Urt. v. 17.05.2022, Az. 8 U 30/19). Es hielt eine notarielle Unterschriftsbeglaubigung für erforderlich, wenn der Darlehensvertrag (i) eine Pflichtwandlung vorsah und (ii) für diesen Fall dem Darlehensgeber die Pflicht auferlegte, die neu geschaffenen Anteile zu übernehmen.
Damit widersprach das OLG Zweibrücken nicht nur dem OLG München (Urt. v. 04.05.2005, Az. 23 U 512/04), sondern stellte sich auch gegen die vorherrschende Ansicht in der Literatur.
Ausgangspunkt für die Ansicht des OLG Zweibrücken ist § 55 Abs. 1 GmbHG. Danach ist die Unterschrift auf einer Übernahmeerklärung von Geschäftsanteilen im Rahmen einer Kapitalerhöhung notariell zu beglaubigen. Der BGH und auch die herrschende Literatur erkennen den Grund für dieses Formerfordernis darin, dass die Kapitalgrundlage der Gesellschaft inhaltlich richtig wiedergegeben wird, und die Beglaubigung daher der Absicherung einer korrekten Durchführung einer Kapitalerhöhung diene und damit dem Gesellschafter- und Gläubigerschutz. Gerade deswegen ist auch keine notarielle Beurkundung vorgesehen, die im Gegensatz zu einer bloßen Beglaubigung Aufklärungs- und Warnfunktionen gegenüber dem Erklärenden hat.
Dieses Verständnis von § 55 Abs. 1 GmbHG und der notariellen Beglaubigung wurden in der Literatur vereinzelt in Zweifel gezogen. Es wurde behauptet, dass auch eine notarielle Beglaubigung Aufklärungs- und Schutzfunktionen beinhalte. Diese Funktionen kämen bereits bei einer Verpflichtung zur Anteilsübernahme zum Tragen, weswegen eine notarielle Beglaubigung erforderlich sei. Diese Argumentation hat sich das OLG Zweibrücken als "zweckgerecht" zu eigen gemacht und in ihrem Fall das Wandeldarlehen wegen Formmangels für nichtig erklärt.
Ganz nebenbei hat sich das Gericht in einer Randbemerkung einer weiteren Mindermeinung angeschlossen. Werden durch den Wandeldarlehensvertrag die Gesellschafter zur Herbeiführung einer Kapitalerhöhung verpflichtet, sprächen bessere Argumente für eine notarielle Beurkundung nach § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG, jedenfalls dann, wenn der Darlehensgeber nicht bereits Gesellschafter sei.
Unglücklich ist, dass das OLG Zweibrücken mit seinem Urteil für Unsicherheit sorgt. Andererseits hat der BGH durch die anhängige Revision (Az. II ZR 69/22) nun die Möglichkeit Klarheit für ein beliebtes und nützliches Finanzierungsinstrument zu schaffen. Bis dahin ist jedenfalls bei der Pflichtwandlung, die in der Praxis den Normalfall darstellt, eine notarielle Beurkundung des Wandeldarlehensvertrages empfehlenswert.