„Klimaneutral“: Neue Rechtsprechung zu den Anforderungen an Umweltwerbung

Written By

constantin eikel module
Dr. Constantin Eikel

Partner
Deutschland

Ich bin ein Experte im Bereich des Markenrechts, für alle Fragen rund um Werbung, im Wettbewerbsrecht, dem Urheberrecht und für Geschäftsgeheimnisse. Im Werberecht berate ich insbesondere zu Fragen der Umweltwerbung.

nicole kaldeuer module
Nicole Kaldeuer, LL.M.

Associate
Deutschland

Als Associate in unserem Düsseldorfer Büro berate ich nationale und internationale Mandanten im Gewerblichen Rechtsschutz, mit besonderem Schwerpunkt im Marken- und Wettbewerbsrecht.

Neue Urteile und die detaillierte gerichtliche Beurteilung von CO₂-Kompensationsprogrammen stecken die rechtlichen Anforderungen an Umweltwerbung weiter ab. Das Landgericht Karlsruhe beurteilte u.a. das Verhältnis des CO₂ welches einerseits bei der Produktion angefallen war und andererseits über Kompensationsprogramme ausgeglichen wurde. Sowohl das Landgericht Karlsruhe als auch das OLG Düsseldorf stellten ferner fest, wie Hintergrundinformationen zur Umweltwerbung zur Verfügung gestellt werden müssen.

Landgericht Karlsruhe

Das Landgericht Karlsruhe hatte gleich mehrere unterschiedliche Arten von Umweltwerbung zu beurteilen und kam zu dem Ergebnis, dass diese unlauter waren. 
Zum einen bewarb die Beklagte Produkte mit den Claims „CO₂-kompensiert“ und „klimaneutral“ unter Verweis auf CO₂-Kompensationsprogramme. Mittels einer Projektnummer konnten im Internet weitere Informationen zur CO₂-Kompensation abgerufen werden. 

Nach Ansicht des Gerichts sind bei Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ die wesentlichen Informationen, also u.a. ob Emissionen von der Bilanzierung ausgenommen wurden und anhand welcher Kriterien die CO₂-Kompensation geprüft wurde, zur Verfügung zu stellen. Das Gericht folgt damit der bisherigen Rechtsprechung. Das Gericht stellte ferner fest, dass es zwar ausreicht, wenn die Werbung hinsichtlich der Prüfkriterien auf eine Internetseite verweist (z.B. via QR-Code). Nach Ansicht des Gerichts genügte jedoch die Angabe der Projektnummer ohne Angabe einer Internetadresse oder eines QR-Codes nicht.

Neben diesem Aspekt setzte sich das Gericht in seiner Entscheidung insbesondere mit der Verweildauer von CO₂ in der Atmosphäre auseinander. Das Gericht stellte fest, dass das bei der Produktion angefallene CO₂ länger in der Atmosphäre verweilt, als die CO₂-Kompensationsprogramme – u.a. ein Waldschutzprojekt – CO₂ binden können. Denn wenn Bäume gefällt werden, vermodern oder verbrennen, setzen sie das CO₂ wieder frei. Das Gericht sah bei der Verwendung von „klimaneutral“ daher ein Werbeversprechen, welches nicht eingehalten wird.

Zum anderen warb die Beklagte mit „Umweltneutrales Produkt“ für eine Produktkategorie. Ein Sternchenverweis führte zu weiteren Erläuterungen. Daneben fand sich ein QR-Code und eine Internetadresse. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass bei der zu Grunde liegenden Berechnung des ökologischen Fußabdrucks der Produkte nicht alle relevanten Umweltauswirkungen berücksichtigt wurden und die Kompensation daher grundsätzlich nicht ausreichte. Auch insoweit sah das Gericht eine unlautere Werbung.

OLG Düsseldorf

Die Werbung mit umweltbezogenen Aussagen ist allgegenwärtig – immer mehr Unternehmen bewerben ihre Produkte und Dienstleistungen mit „CO₂-neutral“ oder „umweltschonend“. Am häufigsten geworben wird sicherlich mit dem Claim „klimaneutral“. Die Bewerbung von Produkten als „klimaneutral“ stellt dabei nicht ohne weiteres eine Irreführung der Verbraucher dar. Das hat auch der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf zuletzt in zwei unabhängigen Verfahren  entschieden. Zwei Unternehmen warben mit dem Claim „klimaneutrales Produkt“ bzw. „klimaneutral produziert“. Geklagt hatte in beiden Verfahren die Wettbewerbszentrale. 

Im ersten Verfahren enthielt die Werbung keinen Hinweis, der hätte erläutern können, wie es zur beworbenen Klimaneutralität komme. Anders war es hingegen im zweiten Verfahren: Dort konnten die Leserinnen und Leser über einen QR-Code die notwendigen Informationen erhalten, die die Umweltwerbung stützten. 

Das OLG Düsseldorf stellte in seinen Entscheidungen klare Anforderungen an die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ auf. Es ist über die grundlegenden Umstände der bilanziellen Klimaneutralität zu informieren. Das umfasst jedenfalls: Wurde die Klimaneutralität ganz oder teilweise durch Eigen- oder zumindest auch mithilfe von Kompensationsmaßnahmen erreicht? Wurden Emissionen bei einer Bilanzierung ausgeklammert und falls ja, welche?

In der Summe geben diese jüngsten Entscheidungen Anlass, bei der eigenen Umweltwerbung noch detaillierter über die Umweltaspekte zu informieren und diese Informationen leicht zugänglich – via Link – zur Verfügung zu stellen.

Latest insights

More Insights

Die neue europäische Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und juristische Personen des öffentlichen Rechts

May 15 2024

Read More

Vorschlag des EU-Rates zur Plattformarbeitsrichtlinie

Mar 27 2024

Read More

Der Druck nimmt zu: Die Bedeutung der Abhilfeklage im ESG-Bereich

Mar 19 2024

Read More