Als Associate der Praxisgruppe Internationales Arbeitsrecht in Düsseldorf berate ich in- und ausländische Mandanten in allen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.
Um unter anderem die Start-up-Szene in Deutschland und junge Unternehmen zu fördern, plant das Finanzministerium steuerliche Förderungen von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen durch Änderungen des EStG. Zweck dieser vorgeschlagenen Gesetzesänderungen soll der Gewinn von Mitarbeiter:innen sein.
I. Was sind Mitarbeiterkapitalbeteiligungen?
Von Mitarbeiterkapitalbeteiligung spricht man, wenn das arbeitgebende Unternehmen seinen Mitarbeiter:innen die Möglichkeit einräumt, sich am Kapital (unmittelbar) zu beteiligen. Diese Beteiligung ist in der Regel auf Dauer angelegt.
Werden Gesellschaftsanteile oder das betriebliche Vermögen (Aktien, Wertpapiere, Anleihen etc.) unentgeltlich oder verbilligt überlassen, stellt diese Sachzuwendung grundsätzlich einen geldwerten Vorteil dar, welcher grundsätzlich versteuert werden muss.
Zurzeit sieht das EStG zur Förderung solcher Vermögensbeteiligungen einen Steuerfreibetrag i.H.v. EUR 1.440,00 vor. Diese Steuerfreiheit kann unter bestimmten Voraussetzungen zur Sozialversicherungsfreiheit in gleicher Höhe führen.
II.Geplante Änderungen im EStG
Höherer Freibetrag
Für eine steuerliche Förderungen von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen ist geplant, den aktuellen Steuerfreibetrag i.S.v. § 3 Nr. 39 EStG von EUR 1.400,00 aus EUR 5.000,00 anzuheben.
Um zu verhindern, dass diese Steuerfreibetragserhöhung zu Lohnoptimierungen führt, indem der/die Mitarbeiter:in die Kapitalbeteiligung umgehend weiterveräußert bzw. an das Unternehmen rückveräußert ist vorgesehen, einen Abgeltungssteuersatz i.H.v. 25 % einzuführen. Dieser soll bei Veräußerungen bzw. (unentgeltlichen) Übertragungen von Kapitalbeteiligungen innerhalb von drei Jahren zur Anwendung kommen.
Die Steuerbegünstigung soll zudem nur für solche Fälle gelten, in denen neben den übertragenen Kapitalbeteiligungen auch Arbeitslohn gezahlt wird. Dies würde bedeuten, dass insbesondere Entgeltumwandlungen – anders als bisher – von der steuerlichen Begünstigung nicht mehr erfasst wären.
Ausweitung des Anwendungsbereiches der steuerlichen Förderungen
Um die Steuerbegünstigung gem. § 3 Nr. 39 EStG erfahren zu können, sieht die derzeitige Gesetzeslage vor, dass es sich bei dem betroffenen Unternehmen um ein Kleinst- oder mittleres Unternehmen (nachfolgend „KMU“ genannt) handelt. Ein KMU liegt vor, wenn das Unternehmen maximal 250 Mitarbeiter:innen beschäftigt und der Jahresumsatz maximal EUR 50 Mio. und die Jahresbilanzsumme maximal EUR 43 Mio beträgt.
Diese KMU-Schwellenwerte sollen nach Vorstellung des Finanzministeriums künftig verdoppelt werden, d.h. künftig sollen Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeiter:innen und einem Jahresumsatz von bis zu EUR 100 Mio. und einer Jahresbilanzsumme von EUR 86 Mio. profitieren können.
Dadurch soll die Umsetzung des Koalitionsvertrages durch Verbesserungen für KMU erreicht werden.
Spätere Besteuerung
Neben dieser Erweiterung des Anwendungsbereiches soll die finale Besteuerung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung nicht mehr schon nach 12 Jahren eintreten, sondern erst nach 20 Jahren.
Unmittelbarkeit aufgehoben
Zusätzlich ist geplant auch Mitarbeiterkapitalbeteiligungen vom EStG zu erfassen, die nicht von dem arbeitgebenden Unternehmen selbst, sondern durch Gründungsgesellschaften oder von Konzerngesellschaften, d.h. Mutter-, Schwester- oder Tochtergesellschaften gewährt werden.
Entschärfung der „Dry-Income-Problematik“
Erwirbt der Mitarbeiter die Beteiligung verbilligt oder unentgeltlich, stellt der Differenzbetrag zum eigentlichen Verkehrswert der Beteiligung (geldwerter Vorteil) aus steuerrechtlicher Sicht Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit dar und ist zudem sozialversicherungspflichtig. Der darauf anzuwendende Steuersatz kann bis zu 47,5 % betragen. Problematisch ist hierbei für den/die Mitarbeiter:in, dass seine Steuerpflicht im Erwerbszeitpunkt begründet wird, sodass ihn zu diesem Zeitpunkt eine erhebliche Steuerbelastung treffen kann, ohne dass ihm tatsächlich liquide Mittel zufließen (sog. Dry-Income Problematik).
Zur Entschärfung der Dry-Income-Problematik wird vorgeschlagen, die Besteuerung bei Erfüllung bestimmter Kriterien hinauszuschieben.
Fazit:
Durch diese vorgesehenen verbesserten Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen könnte sich Deutschlands Start-up-Szene im weltweiten Kampf um junge Talente gegen die Konkurrenz, insbesondere im Vergleich mit anderen EU-Mitgliedsstaaten, behaupten, um neue Mitarbeiter:innen zu gewinnen. Auch das Interesse an einer Unternehmensbindung der Mitarbeiter:innen könnte sich durch die Änderungen verbessern, weil diese am Erfolg des Unternehmens profitieren und somit kein Interesse bestehen dürfte, dass Unternehmen frühzeitig zu verlassen.
Die vorgesehenen Änderungen sind jedoch nicht ausschließlich fördernder Natur. Der Arbeitgeber hat (weiterhin) viele Kriterien bei der Gewährung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen zu beachten, die Abstimmungen mit dem Finanzamt erforderlich machen könnten. Wir empfehlen, die Einführung eines Mitarbeiterkapitalbeteiligungsplan trotz dieser geplanten Änderungen mit fachlicher Unterstützung begleiten zu lassen.