Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 11. September 2025 ein neues Merkblatt zum Begriff des öffentlichen Angebots gemäß Prospektverordnung (Verordnung (EU) 2017/1129) veröffentlicht. In diesem Merkblatt befasst sich die BaFin mit der Auslegung des Tatbestandes des „öffentlichen Angebots“ aus Artikel 2 lit. d der Prospektverordnung und nimmt ausdrücklich Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in ihre Verwaltungspraxis auf.
Hinsichtlich der Form, der Art und Weise, des mindestens erforderlichen Inhalts und der Verantwortlichkeit für das öffentliche Angebot von Wertpapieren bestätigt die BaFin ihre bisherige Praxis. Näher geht die BaFin auf das Öffentlichkeitserfordernis und die Privat Placements ein.
Die BaFin führt in ihrem Merkblatt zum Begriff des öffentlichen Angebots gemäß Prospektverordnung aus, worauf es bei der Bestimmung des Öffentlichkeitskriteriums ankommt. Orientierung für die Auslegung liefert laut der BaFin insbesondere die englische Fassung der Prospektverordnung. Im Hinblick auf das Öffentlichkeitskriterium begnügt sich die englische Fassung mit einer Mitteilung an Personen. Ein Angebot sei „public“, wenn es an „persons“ gerichtet sei. Allein die deutsche Übersetzung nimmt keinen Bezug auf Personen. Daher ist Öffentlichkeit anzunehmen, sobald sich das Angebot an mindestens zwei Personen richtet. Die BaFin sieht es als irrelevant an, ob das Angebot einem unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht wurde. Das öffentliche Angebot ist in der Praxis der BaFin der Regelfall.
Ferner bestätigt die BaFin, dass eine Bezeichnung als „private placement“ keine Auswirkung auf die Öffentlichkeit des Angebots hat. Der Begriff „private placement“ verfügt laut BaFin schon über keine gesetzliche Grundlage und kann daher keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit eines Angebots haben. Der Umstand, dass sich Anbieter und Anleger bereits kennen (privat oder anderweitig) sei ferner kein Grund, von der Annahme der Öffentlichkeit abzuweichen. Auch sei es für eine Abwägung, ob ein öffentliches Angebot vorliegt auch irrelevant, wie das Informationsbedürfnis des Anlegers ist.
Damit verfestigt die BaFin die Auslegung des unbestimmten Begriffs des öffentlichen Angebots von Wertpapieren des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) (genauer der Entscheidungen Schaerbeek, Linkebeek./.Holding Communal S.A. (C-627/23) und Almer Beheer BV, Daedalus Holding BV./.Van den Dungen Vastgoed BV, Oosterhout II BVBA (C-441/12)) und des EFTA-Gerichtshofs (das Gericht der am Freihandelsabkommen beteiligten Staaten (Europäische Freihandelsassoziation)) (genauer der Entscheidung ADCADA Immobilien AG PCC in Konkurs./.Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (E-10/20)) zu diesem Thema in ihrer Verwaltungspraxis.
Durch das Merkblatt schafft die BaFin eine Übersicht über die Voraussetzungen eines öffentlichen Angebots von Wertpapieren. Die BaFin harmonisiert mit ihrer Begriffsklärung die deutsche Verwaltungspraxis mit der europäischen Rechtsprechung und stellt eine einheitliche Definition des öffentlichen Angebots sicher. Es verdeutlicht noch einmal, dass die Anforderungen an ein öffentliches Angebot sehr gering liegen. Umso wichtiger ist es, dass sich Emittenten von Wertpapieren mit den Prospektausnahmen und den Veröffentlichungspflichten beschäftigen.
Mit freundlicher Unterstützung von Florian Liedtke – wissenschaftlicher Mitarbeiter