Anbieter von Online-Abonnements erhöhen regelmäßig einseitig ihre Preise oder ändern den Umfang der versprochenen Leistung. Entsprechende Klauseln in Anbieter-AGB sind von deutschen Gerichten reihenweise für unwirksam erklärt worden. Aktuelle Urteile zeigen, dass das Thema auf dem Radar deutsche Verbraucherschützer ist.
Am 30. Oktober 2024 erklärte das Kammergericht Berlin (Az. 23 MK 1/23) die Preisanpassungs- und Leistungsänderungsklauseln eines beliebten Online-Spiele-Anbieters für unwirksam.
Die Klauseln lauteten:
„Wir sind berechtigt, den Preis für das Abonnement zu ändern (d. h. zu erhöhen oder zu senken), um die uns entstehenden Kosten für die Bereitstellung des Abonnements zu decken, um sicherzustellen, dass das Abonnement als Dienstleistung bestandsfähig bleibt, und um auf marktrelevante Änderungen wie Wechselkurse, lokale Steuern oder Inflation zu reagieren.
Wir werden dich mindestens 60 Tage vor Inkrafttreten einer Preiserhöhung per E-Mail darüber informieren. Vor Inkrafttreten der Preisänderung hast du die Möglichkeit zur Kündigung.
und weiter:
Die in diesem Abonnement enthaltenen Spiele, die jeweils zugehörigen Online-Funktionen und weitere Funktionen und Vorteile des [Abonnements] können ohne Vorankündigung geändert werden. [...] Die Anzahl und Verfügbarkeit der im Service enthaltenen Spiele können jederzeit geändert werden […]."
Das Gericht stellte fest, dass die Preisanpassungsklausel als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, 2 BGB unterliegt und gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist, weil die Klausel gegen das AGB-rechtlich verankerte Transparenzgebot verstößt. Die Verbraucher seien nicht in der Lage, erkennen zu können, unter welchen Umständen Preiserhöhung zulässig sein könnten. Das Gericht führte zudem aus, dass eine Preisanpassungsklausel eine reziproke Verpflichtung des Dienstleisters vorsehen müsse, die Preise zu senken, wenn der Anbieter von Kostensenkungen profitiert. Außerdem räume die Klausel dem Dienstleister weitreichende einseitige Befugnisse zur Preiserhöhung ein, was das Gericht als unangemessene Benachteiligung der Verbraucher bewertete.
Das Gericht stellte hierzu fest:
„Das berechtigte Interesse entfällt in der vorliegenden Fallkonstellation. [...] Die Beklagte muss […] stets auf der Grundlage kurzfristig schwankender Nutzerzahlen kalkulieren. [...] Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte ohne die Einräumung einer Preisanpassungsklausel gezwungen wäre, von vornherein höhere Preise zu kalkulieren. Ferner hat sie die Möglichkeit, Kostensteigerungen zeitnah mittels einer Änderungskündigung weiterzugeben. [...] Von dem Risiko, sich im Rahmen einer Änderungskündigung mit einem neuen Angebot dem Wettbewerb stellen zu müssen, darf die Beklagte sich nicht auf Kosten ihrer Vertragspartner befreien."
Zum Gebot der Reziprozität führte das Gericht aus:
„Das Gebot der Reziprozität bedeutet dabei nicht nur, dass bei Ausübung des Preiserhöhungsrechts ein Gesamtsaldo zu bilden ist, bei dem auch gesunkene Kosten zu berücksichtigen sind. Vielmehr geht es ausdrücklich auch um die Verpflichtung der Verwenderin, Kostensenkungen gegebenenfalls zum Anlass für Preissenkungen zu nehmen. Denn das einseitige Preisänderungsrecht findet seine Berechtigung in dem nachvollziehbaren Interesse, die mit Vertragsschluss festgelegte Gewinnspanne aufrechtzuerhalten und nicht durch Kostensteigerungen aufzehren zu lassen. Dem entspricht es spiegelbildlich, die Gewinnspanne nicht aufgrund von Kostensenkungen zu vergrößern."
Zur Anknüpfung an interne Kosten stellte das Gericht fest:
„Die Anknüpfung an die ‚uns entstehenden Kosten für die Bereitstellung des Abonnements' eröffnet der Beklagten einen praktisch unkontrollierbaren Preiserhöhungsspielraum zur Erzielung zusätzlicher Gewinne zulasten ihrer Vertragspartner. [...] Nach der im Klauselüberprüfungsverfahren vorzunehmenden kundenfeindlichsten Auslegung ist davon auszugehen, dass die genannte Formulierung auch betriebsinterne Kosten meint. [...] Damit räumt die Beklagte einen unkontrollierbaren Preiserhöhungsspielraum selbst ein. Die internen Kosten unterliegen – anders als bei externen Kosten - allein dem Einfluss des Verwenders."
Hinsichtlich der Leistungsänderungsklausel stellte das Gericht fest, dass diese unbegrenzte Änderungen ohne jegliche Einschränkungen oder Begründung erlaube, was Verbraucher daran hindere, Änderungen vorherzusehen und informierte Entscheidungen zu treffen. Das Gericht führte aus:
„Die Formulierungen ‚ohne Vorankündigung' in Satz 1 und ‚können jederzeit' in Satz 3 beinhalten eine uferlose Ausübung des Leistungsänderungsvorbehalts im Hinblick auf die Funktionen, Vorteile sowie den zeitlichen und quantitativen Umfang. [...] Der Abonnent kann so bei Vertragsschluss nicht ansatzweise absehen, welche Leistungsänderungen auf ihn zukommen können, die er ohne Zustimmung hinzunehmen hat."
In einem Urteil vom 15. Januar 2025 (Az. 12 O 293/22) entschied das Landgericht Düsseldorf, dass die einseitige Preiserhöhung eines großen Online-Anbieters für seine beliebten Abonnements, der Anbieter auf eine Preisanpassungsklausel in seinen AGB stützte, rechtswidrig war.
Die relevante Klausel lautete:
„Wir sind berechtigt, die Mitgliedsgebühr nach billigem Ermessen und sachdienlich gerechtfertigten sowie objektiven Kriterien anzupassen. Soweit Sie in Deutschland leben oder deutsches Recht Anwendung findet, bleibt § 315 BGB unberührt. Eine Erhöhung der Mitgliedsgebühr kommt in Betracht und eine Ermäßigung der Mitgliedsgebühr ist vorzunehmen (insgesamt: ‚Änderung der Mitgliedsgebühr'), um die uns entstehenden Kostensteigerungen und/oder Kostenersparnisse weiterzugeben, die auf von uns nicht beeinflussbaren äußeren Umständen beruhen und die sich auf die konkreten Kosten des [Services] in Ihrem Land auswirken, wie etwa Gesetzesänderungen, behördliche Verfügungen, allgemeine Preisänderungen für die erforderliche Hard- und/oder Software, Produktion und Lizensierung, sonstige allgemeine Kosten wie etwa Kosten externer Dienstleister, Lohnerhöhungen und/oder Änderungen von Steuern und Gebühren und/oder generelle und wesentliche Kostenänderungen aufgrund von Inflation oder Deflation. Eine Änderung der Mitgliedsgebühr wird nur in dem Ausmaß erfolgen, in dem sich unsere eigenen Kosten und/oder Steuern und/oder Ausgaben insgesamt reduzieren oder erhöhen.
Somit werden wir Kostensteigerungen nur an Sie weitergeben, wenn und soweit diese nicht durch anderweitige Kostenreduzierungen ausgeglichen werden. Wir werden keine Änderungen der Mitgliedsgebühr vornehmen, die sich auf das vertragliche Gleichgewicht zwischen dem [Service] und der von Ihnen dafür erbrachten Mitgliedsgebühr auswirken."
Obwohl die Klausel ekennbar ausgewogener und detaillierter ist als in Fall 1, befand das Gericht sie als intransparent und daher unwirksam. Es stellte fest, dass der Dienstleister keine klaren und verständlichen Kriterien für Verbraucher bereitgestellt habe, anhand derer die Verbraucher die Zulässigkeit einer Preiserhöhung bewerten könnten. Das Gericht führte aus:
„Für den durchschnittlich verständigen und informierten Verbraucher ist das in der betreffenden Klausel genannte Kriterium ‚generelle und wesentliche Kostenänderungen aufgrund von Inflation oder Deflation' nicht tauglich, um etwaige Anhebungen vorherzusehen bzw. ergangene Preisanpassungen auf Plausibilität überprüfen zu können. Bei der Inflation handelt es sich gerade nicht um eine feste, von dritter Seite bestimmte Größe wie beispielsweise den Basiszinssatz, bei welchem der Verbraucher unter Umständen an Hand einer bestimmten Entwicklung in der Vergangenheit die möglichen Preisanpassungen in der Zukunft abschätzen könnte."
Darüber hinaus stellte das Gericht fest:
„Hier ist der Zuschnitt der über das [Angebot] erbrachten Dienstleistungen zu betrachten. Es handelt sich um ein weit diversifiziertes Angebot an verschiedenen Leistungen, die vom kostenfreien und schnelleren Versand bis hin zu Streaming-Angeboten reichen. Eine Plausibilitätsprüfung der Preisanpassung an Hand des Kriteriums ‚wesentliche Kostensteigerung durch Inflation' ist dem Verbraucher durch die Kopplung der unterschiedlichsten Marktsegmente schlicht unmöglich."
Das Gericht billigte Anbietern von Abonnementdiensten zwar grundsätzlich ein nachvollzihebares Interesse an Preisanpassungen zu, um gestiegene Kosten aufzufangen. Dafür sei aber ein fesstellbares berechtigtes Interesse erforderlich, welches das Gericht in diesem Fall nicht sah. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus:
"Die Treu und Glauben widersprechende unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) ergibt sich hier aus dem mangelnden berechtigten Interesse der Beklagten an einer Preisanpassungsklausel. Zwar ist bei einer AGB-Verwenderin in Dauerschuldverhältnissen grundsätzlich ein berechtigtes Interesse, eine Preisanpassung an geänderte Kosten vorzunehmen, zu bejahen. Preisanpassungsklauseln sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Sie dienen dazu, einerseits der Verwenderin das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihre Gewinnspanne trotz nachträglicher, sie belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass die Verwenderin mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2017 – III ZR 247/06 –, BGH NJW 2008, 360, juris Rn. 10).
Hier allerdings ist der Beklagten durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Kündigungsrecht innerhalb von 14 Tagen eingeräumt. Es handelt sich also zwar weiterhin um einen auf Dauer angelegten Vertrag. Gleichwohl ist das Vertragsverhältnis von der Beklagten - wie auch im Bereich der Streaming-Dienste üblich - mit der Möglichkeit der kurzfristigen Vertragsbeendigung ausgestaltet worden. Die Beklagte muss demnach stets auf der Grundlage kurzfristig schwankender Nutzerzahlen kalkulieren. [...] Es ist nicht ersichtlich, dass sie ohne die Einräumung einer Preisanpassungsklausel gezwungen wäre, von vornherein höhere Preise zu kalkulieren, von dem Risiko, sich im Rahmen einer Änderungskündigung mit einem neuen Angebot dem Wettbewerb stellen zu müssen, darf die Beklagte sich nicht auf Kosten ihrer Vertragspartner befreien."
Am 30. Oktober 2025 bestätigte das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. 20 U 19/25) in der Berufungsinstanz die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf und wies sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers zurück. Das OLG ließ die Revision zu, da die Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung seien.
Da das OLG Düsseldorf die Revision zugelassen hat, bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof die aufgeworfenen Rechtsfragen klären wird. Diese Urteile zeigen jedoch, dass vertragliche Bestimmungen, die Anbietern weite Ermessensspielräume für Preis- oder Leistungsanpassungen auf Kosten der Verbraucher einräumen, von deutschen Gerichten regelmäßig für unwirksam erklärt werden. Um bestehende Abonnementverträge rechtlich belastbar zu ändern, werden Anbieter daher die Zustimmung der Verbraucher einholen müssen.
Unternehmen sind daher gut beraten, ihre Verträge zu überprüfen und sie gegebenenfalls an die von der deutschen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien anzupassen. Vor großen Preis- oder Leistungsanpassungen sollte das Risiko von Abmahnungen durch Verbraucherschutzverbände oder Wettbewerber sowie Bußgeldern nach Art. 246e EGBGB bewertet werden.