Social Media am Arbeitsplatz: Zwischen Fußballstar und Privatperson – Arbeitnehmer und Vorbild

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Sebastian Bünte

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Deutschland

Als Associate und Mitglied der Praxisgruppe Internationales Arbeitsrecht in Düsseldorf berate ich in- und ausländische Mandanten in allen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.

Die Äußerungen von Fußballprofi Felix Nmecha in den sozialen Medien sorgten zuletzt immer wieder für Aufsehen. Der deutsche Nationalspieler von Borussia Dortmund teilt regelmäßig öffentlich einsehbare Beiträge zu seinem christlichen Glauben, die teilweise politisch aufgeladen sind und kontroverse Diskussionen auslösen. Laut übereinstimmenden Medien-Berichten soll der BVB seinem Spieler nunmehr mitgeteilt haben, dass er fortan seine Postings im Vorfeld mit dem Verein abstimmen müsse. Inwieweit dies rechtlich zulässig ist, beleuchtet der nachfolgende Beitrag.

Von der Verpflichtung zur Vorab-Kontrolle: Eine Chronologie

Die Kontroversen um Nmechas Social-Media-Aktivitäten begannen bereits vor seiner Verpflichtung durch den BVB im Sommer 2023, unter anderem teilte er im Februar 2023 ein Video des selbsternannten "theokratischen Faschisten" Matt Walsh, im Juni einen Beitrag, in dem das Wort "Pride" mit einem Teufel gleichgesetzt wurde.

Verschiedene Fangruppen des BVB kritisierten die geplante Verpflichtung im Vorfeld scharf und verwiesen auf den Grundwertekodex des Vereins, der Vielfalt und ein Miteinander ohne Diskriminierung festschreibt. Trotz der Widerstände verpflichtete der BVB Nmecha. Nach der Verpflichtung sorgte sodann ein Trauer-Post im September 2025 über den ermordeten MAGA-Aktivisten Charlie Kirk für erneuten Wirbel. Laut Medienberichten müsse Nmecha seine Posts nunmehr künftig vorab mit dem Verein abstimmen, auch enthalte Nmechas Arbeitsvertrag eine sanktionsbewehrte Klausel zu vereinswidrigen Äußerungen.

Doch kann ein Arbeitgeber überhaupt verlangen, dass ein Arbeitnehmer seine privaten Social-Media-Posts seinem Arbeitgeber vorab zur Genehmigung vorlegt? Die Antwort ist uneinheitlich: Während das Privatleben des Arbeitnehmers grundsätzlich dem Einfluss des Arbeitgebers entzogen ist, kann sich die Grenze bei Personen des öffentlichen Lebens, deren Äußerungen unmittelbar auf den Arbeitgeber zurückfallen können, verschieben.

Vorab-Kontrolle nur mit Zustimmung zulässig:

Grundsätzlich ist das Verhalten eines Arbeitnehmers im privaten Lebensbereich dem Einfluss des Arbeitgebers entzogen. Als Ausfluss der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG steht es dabei einer Privatperson auch offen, was sie auf ihren Social-Media-Kanälen verbreitet, soweit die Äußerungen von den Grundrechten gedeckt sind. 

Ein anderer Grundsatz kann aber gelten, wenn sich das private Verhalten auf den betrieblichen Bereich auswirkt. Dies ist bei Profisportlern, welche im medialen Rampenlicht stehen, wohl der Fall. 

Nach aktueller Rechtsprechung (etwa BAG, Urt. v. 29.8.2013 – 2 AZR 419/12; BAG Urt. v. 24.8.2023 – 2 AZR 17/23), wird ein betrieblicher Bezug angenommen, wenn der Arbeitgeber mit den Posts in Verbindung gebracht wird - etwa durch eine Verlinkung oder durch Profilangaben, die eine Identifizierung des Arbeitgebers ermöglichen. Dies war in den von Nmecha getätigten Posts nicht der Fall. Jedoch könnte bei Arbeitnehmern mit hohem Bekanntheitsgrad, wie es bei Profifußballern und Nationalspielern der Fall ist, ein anderer Maßstab gelten. Diese sind in der Regel auch ohne Verlinkung, Profilanagaben oder Ähnlichem als Spieler eines bestimmten Vereins und damit des Arbeitsgebers zu identifizieren. 

Entscheidend ist zunächst, ob der Post die arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt. Die arbeitsrechtliche Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet beide Parteien des Arbeitsverhältnisses, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des jeweils anderen Teils angemessen Rücksicht zu nehmen.

Diese Nebenpflicht konkretisiert sich im Arbeitsrecht insbesondere in der Pflicht des Arbeitgebers zum Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum des Arbeitnehmers sowie in der Pflicht des Arbeitnehmers zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers.

Dabei können die berechtigten Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt sein, wenn Posts geeignet sind, den Ruf des Arbeitgebers zu schädigen. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber je nach Schwere der Pflichtverletzung abmahnen oder sogar kündigen. Dies kann bei polarisierenden Posts der Fall sein, insbesondere, wenn sie sich in einem sich als weltoffen verstandenen Umfeld des Arbeitgebers ereignen.

Eine generelle Vorab-Kontrolle aller Posts durch den Arbeitgeber und damit über die Rücksichtnahme hinausgehende Pflicht für den Arbeitnehmer ist allerdings nur im Einvernehmen mit diesem zulässig. Im Fall Nmecha ist davon auszugehen, dass eine entsprechende Vereinbarung konsensual getroffen wurde - möglicherweise im Rahmen der bereits im Vertrag bestehenden Sanktionsklausel.

Wo selbst die Meinungsfreiheit ihre Grenzen findet:

Verstößt ein Arbeitnehmer gegen eine wirksam vereinbarte Vorab-Kontrolle, kann dies bereits für sich genommen arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen - von der Abmahnung bis zur Kündigung im Wiederholungsfall. Darüber hinaus kann auch der Inhalt des Posts selbst Gegenstand arbeitsrechtlicher Maßnahmen werden. Bei solchen Klauseln kann also gegen das „Ob" als auch das „Wie" verstoßen werden.

Auch die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz steht solchen Eingriffen nicht zwingend entgegen. 

Dieser geht von dem grundsätzlichen Recht aus, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. 

Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Die Nebenpflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB stellt dabei nach der Rechtsprechung ein allgemeines Gesetz im Sinne des Artikel 5 Abs. 2 GG dar, das geeignet sei, der Meinungsäußerungsfreiheit Schranken zu setzen.

Die Arbeitgeberseite kann in diesem Lichte ebenfalls grundrechtlich geschützte Positionen geltend machen (wie etwa die Unternehmerfreiheit), weshalb beide Interessen in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden müssen. Dies kann dann in extremen Fällen auch zu einem Verbot der geäußerten Meinung führen, wenn jedenfalls die Grenzen der zu duldende Äußerung aufgrund des Gebots der Rücksichtnahme überschritten sind.

Rein private Accounts, die tatsächlich nur für einen privaten Freundeskreis sichtbar sind, bleiben hingegen arbeitsrechtlichen Konsequenzen und Zugriff entzogen. Allerdings muss dieser Kreis ausschließlich privat sein - befänden sich darunter auch Arbeitskollegen, würde dieser Schutz nicht mehr greifen.

Was als Arbeitgeber weiter zu beachten bleibt: 

Arbeitgeber können zur Risikominimierung bereits präventiv handeln und klare Social-Media-Richtlinien etablieren, die sowohl die berechtigten Unternehmensinteressen als auch die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer wahren. Dabei empfiehlt es sich, bereits bei Vertragsabschluss transparente Regelungen zu treffen. Diese können definieren, welche Äußerungen mit den Unternehmenswerten unvereinbar sind und welche Konsequenzen bei Verstößen drohen. 

Wichtig ist, dass solche Klauseln verhältnismäßig bleiben und nicht pauschal jede private Meinungsäußerung unterbinden – eine Einzelfallprüfung unter Abwägung der widerstreitenden Interessen bleibt gleichwohl unerlässlich. 

Arbeitgebern können im besten Fall ihre Mitarbeiter regelmäßig schulen und sensibilisieren, um Konflikte von vornherein zu vermeiden und ein gemeinsames Verständnis für die Grenzen zwischen legitimer Meinungsäußerung und rufschädigenden Posts zu schaffen. Dies erscheint gerade in Zeiten der Schnelllebigkeit im Social Media sinnvoll. 

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