Sowohl das nationale Recht als auch das Unionsrecht verbieten es, dass Arbeitnehmer aufgrund ihrer Eigenschaft als Betriebsratsmitglieder benachteiligt werden. Eine Unwirksamkeit einer Befristung für Arbeitnehmervertreter kann daraus allerdings nicht abgeleitet werden. Für einen Schadensersatzanspruch eines Betriebsratsmitglieds auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages wegen Benachteiligung gilt ein abgestuftes System der Darlegungs-, Einlassungs- und Beweislast.
BAG (7. Senat), Urteil vom 18.06.2025 – 7 AZR 50/24
Der Arbeitnehmer war befristet als Leiharbeitnehmer bei einem Unternehmen tätig. Dort wurde er bald in den Betriebsrat gewählt. Neben ihm standen weitere 18 Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis. 16 von ihnen wurde im Anschluss an das Befristungsende ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Folgevertrags unterbreitet, nicht jedoch dem Kläger. Vor Gericht machte er geltend, dass die Befristung unwirksam sei und verlangte hilfsweise, dass das Unternehmen zur Abgabe eines Vertragsangebots für einen unbefristeten Arbeitsvertrag verurteilt wird. Zur Begründung hat er Unionsrecht herangezogen und sich auf eine Benachteiligung aufgrund seiner Tätigkeit als Betriebsrat berufen. Dies jedoch ohne Erfolg.
Das Gericht wies den Antrag des Klägers ab. Es bestätigte zunächst seine ständige Rechtsprechung, dass die Befristung mit der Wahl in den Betriebsrat nicht unwirksam wird. Es begründete dies damit, dass Art. 7 und Art. 8 der Richtline zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft (Richtlinie 2002/14/EG) – auch unter Berücksichtigung von Art. 27, 28 und 30 der EU-Grundrechtecharta – weder eine teleologische Reduktion des § 14 Abs. 2 TzBfG veranlassen noch konnte es eine planwidrige Regelungslücke erkennen.
Grundsätzlich trägt das Betriebsratsmitglied, das den Arbeitgeber auf Abschluss eines unbefristeten Folgevertrags in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unzulässigen Benachteiligung. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach die Entscheidung eines Arbeitgebers, mit einem befristet beschäftigten Betriebsratsmitglied keinen Folgevertrag zu schließen, auf dessen Betriebsratstätigkeit beruht. Deshalb greifen weder tatsächliche Vermutungen noch ein Anscheinsbeweis.
Allerdings trägt das Gericht dem Umstand Rechnung, dass es sich bei der Frage, ob die Betriebsratstätigkeit Ursache für die Ablehnung ist, um eine in der Sphäre des Arbeitgebers liegende „innere Tatsache" handelt. Der klagende Arbeitnehmer darf daher trotz fehlender genauer Kenntnis die Behauptung aufstellen, ihm sei gerade wegen seiner Betriebsratstätigkeit der Abschluss eines Folgevertrags verweigert worden, und der beklagte Arbeitgeber muss sich zu der Behauptung wahrheitsgemäß erklären. Der Arbeitnehmer ist auf eine Beweisführung durch den Vortrag von Hilfstatsachen (Indizien) verwiesen, während der Arbeitgeber die Hilfstatsachen bestreiten oder seinerseits Umstände dartun kann, die geeignet sind, die Indizwirkung zu entkräften.
Indizien, die den Schluss auf die Kausalität der Amtstätigkeit rechtfertigen, sind beispielsweise die Beförderung eines Arbeitnehmers, der für die Stelle niedriger qualifiziert ist als das Betriebsratsmitglied, das Angebot von Folgeverträgen an alle anderen Arbeitnehmer außer das Betriebsratsmitglied und Äußerungen des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit des Arbeitnehmers, welche darauf schließen lassen, dass der Arbeitgeber einen Folgevertrag gerade wegen der Betriebsratstätigkeit ablehnt.
Die Wahl in den Betriebsrat steht der befristeten Beschäftigung von Arbeitnehmern grundsätzlich nicht entgegen. Arbeitgeber sollten es allerdings vermeiden, Betriebsratsmitglieder und andere Arbeitnehmer in vergleichbaren Situationen unterschiedlich zu behandeln. Zudem sollten Äußerungen unterlassen werden, die einen Zusammenhang zwischen der Betriebsratstätigkeit und arbeitsrechtlichen Entscheidungen herstellen könnten. Wenn anderen Arbeitnehmern Folgeverträge angeboten werden, sollten nachvollziehbare sachliche Gründe für eine abweichende Behandlung vorliegen, um Indizwirkungen zu vermeiden.