Keine Monatsfrist bei Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsbeschlusses zur Ausübung der Ermächtigung zu einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss

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Dr. Ann-Kristin Asmuß, LL.M.

Associate
Deutschland

Als Rechtsanwältin und Mitglied der Praxisgruppe Gesellschaftsrecht / M&A in unserem Büro in Frankfurt am Main berate ich in- und ausländische Mandanten insbesondere in nationalen und grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen (sowohl käufer- als auch verkäuferseitig und hauptsächlich mit einem bedeutendem Tech-Fokus), Umstrukturierungen, Reorganisationen und Joint Ventures sowie im Rahmen ihrer laufenden Geschäftstätigkeit zu allen gesellschafts- und wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen.

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Dr. Kai Kerger

Partner
Deutschland

Ich bin ein erfahrener Transaktionsanwalt und Partner unseres Corporate/M&A-Teams in Frankfurt am Main und biete Mandanten langjährige Expertise bei nationalen und grenzüberschreitenden M&A-, Private Equity- und Venture Capital-Transaktionen, Investitionen aller Art, bei komplexen Restrukturierungen und Reorganisationen und Joint Ventures, insbesondere bei Projekten mit einem besonderem Technologiefokus sowie in allgemeinen gesellschafts- und handelsrechtlichen Angelegenheiten.

Die Klage eines Aktionärs auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsbeschlusses zur Ausübung der Ermächtigung zu einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss unterliegt jedenfalls bis zur Nachberichterstattung auf der nachfolgenden Hauptversammlung nicht der Monatsfrist entsprechend § 246 I AktG, ist aber ohne unangemessene Verzögerung zu erheben.

AktG §§ 204 I, 246 I, 53a, 186 III 4

Unabhängig davon, ob bei Vorliegen der in § 186 III 4 AktG ausdrücklich genannten Voraussetzungen eine weitergehende sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses erforderlich ist, ist das grundlegende Gebot des § 53a AktG zu beachten, Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln.

BGH, Urteil vom 10.7.2018 – II ZR 120/16 (OLG Jena), ZIP 2018, 1586

Sachverhalt

Die Klägerin (Kl.) war Großaktionärin (42,5%) der Beklagten (Bekl.), einer AG. Basierend auf einer Ermächtigung der Hauptversammlung beschloss der Vorstand der Bekl. am 8.12.2011 eine Barkapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre. Der Aufsichtsrat der Bekl. stimmte dem Beschluss am 12.12.2011 zu. Nach Zeichnung der Aktien durch die B-Bank (Bank) wurde die Kapitalerhöhung am 19.12.2011 in das Handelsregister eingetragen. Am selben Tag erfuhr die Kl. von der Barkapitalerhöhung. Am 22.12.2011 erwarb einer der Vorstände der Bekl. (V) die neuen Aktien von der Bank (32,5%).
Die von der Kl. am 17.2.2012 bei Gericht eingereichte und der Bekl. am 23.2.2012 zugestellte Feststellungsklage gegen die Beschlüsse vom 8.12.2011 und 12.12.2011 hatte in allen Instanzen Erfolg.

Entscheidung

Die Klage ist zulässig. Die Kl. hat die Feststellungsklage rechtzeitig erhoben. Die Klageerhebung vor der Hauptversammlung, in welcher der Vorstand über die Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss Bericht erstatten wird, ist nicht an die Monatsfrist analog § 246 I AktG gebunden. Es bestehen grundlegende Unterschiede zwischen Hauptversammlungs-, Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüssen, u.a. durch ungleich bessere Informationsmöglichkeiten der Aktionäre bei Hauptversammlungsbeschlüssen. Auszugehen ist daher vom Grundsatz, dass die Feststellungsklage ohne unangemessene Verzögerung zu erheben ist. Der für die Beurteilung zu berücksichtigende Zeitraum beginnt danach erst, wenn der Aktionär den Beschluss des Vorstands oder Aufsichtsrats sowie die eine Nichtigkeit des Beschlusses aus seiner Sicht nahelegenden tatsächlichen Umstände kennt oder kennen muss. Spätestens mit der gebotenen Nachberichterstattung, das heißt mit dem auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft zu erstattenden Vorstandsbericht, muss die Klageerhebung erfolgen.

Die Beschlüsse sind zudem rechtswidrig und daher nichtig. Auch wenn eine weitergehende sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses bereits bei Vorliegen der in § 186 III 4 AktG ausdrücklich genannten Voraussetzungen für entbehrlich gehalten wird, ist das grundlegende Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG zu beachten. Eine Ungleichbehandlung ist demnach nur zulässig, wenn diese sachlich berechtigt und damit nicht willkürlich ist. Der Erwerb der neuen Aktien durch einen Altaktionär hat insbesondere eine Verschiebung der Beteiligungsquoten zur Folge, so dass der Bezugsrechtsausschluss nicht schon deshalb als rechtmäßig gewertet werden kann, weil dieser den formalen Anforderungen des § 186 III 4 AktG genügt. Vorliegend hat V als Vorstand der Bekl. eine ihm durch die Kapitalerhöhungsbeschlüsse eröffnete Möglichkeit genutzt, die anderen, am Erwerb weiterer Aktien gleichfalls interessierten Aktionären, versagt blieb.

Praxisfolgen

In der Vergangenheit herrschte in der Praxis Unklarheit, ob der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsbeschlusses zur Ausübung der Ermächtigung zu einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtausschluss binnen einer bestimmten Frist klageweise geltend zu machen ist und wann eine solche Frist beginnt. Auch wenn offen bleibt, ob nach der Nachberichterstattung die Monatsfrist analog § 246 I AktG Anwendung findet, wird die Entscheidung über die Nichtanwendbarkeit der Monatsfrist vor der Nachberichterstattung in der Praxis wohl dazu führen, dass die Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüsse zur Ausübung der Ermächtigung zu einer Kapitalerhöhung unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss möglichst früh veröffentlicht werden, um die Frist für eine mögliche Feststellungsklage in Gang zu setzen.

Die Frage, ob und ggf. in welcher Weise der nach dem reinen Gesetzeswortlaut anzunehmende Anwendungsbereich des § 186 III 4 AktG einzuschränken ist, musste der BGH vorliegend (leider) nicht entscheiden. Um jegliche Unsicherheiten auszuschließen sollte zumindest darauf geachtet werden, dass die Möglichkeit, Aktien im Wege eines freien Zukaufs an der Börse oder auf sonstige Weise zu erwerben, gegeben ist.

Im Zusammenhang mit dem Gebot der Gleichbehandlung ist zu beachten, dass es gängige Praxis ist, Aktien basierend auf einer satzungsmäßigen Ermächtigung unter Ausschluss des Bezugsrechts an einen einzelnen Aktionär auszugeben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bei einer Platzierung von börsennotierten Aktien der Underwriter seine Aktien nicht zu einem angemessenen Preis am Markt platzieren kann und somit seine Aktien an einen Aktionär verkauft. Eine Ungleichbehandlung ist aber nur zulässig, so auch der BGH in der vorliegenden Entscheidung, wenn die Ungleichbehandlung nicht sachwidrig ist und damit nicht den Charakter der Willkür trägt. Der betroffene Aktionär hat dabei das Vorliegen der ungleichen Behandlung und die Gesellschaft deren sachliche Rechtfertigung zu beweisen

 

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