Im nationalen und internationalen M&A-Geschäft gewinnt „Environmental, Social and Governance“ (ESG) immer weiter an Bedeutung.
In einer Serie von Beiträgen werden wir nun die drei Elemente von ESG, Environmental („E“), Social („S“) und Governance („G“) näher beleuchten. Dieser erste Beitrag der Serie wird sich mit der ökologischen Komponente („E“) im Zusammenhang von M&A Transaktionen beschäftigen.
Im Rahmen dieses sehr abstrakten und allgemeinen Überbegriffs sind im M&A-Zusammenhang insbesondere die folgenden Themen von Bedeutung:
Bei einer rechtlichen „Environmental Due Diligence“ müssen all diese Themen betrachtet und bewertet werden. Die Bedeutung einzelner Aspekte für eine bestimmte Transaktion, variiert stark und hängt insbesondere von der Branche ab, in der das Target tätig ist und den Prioritäten, die ein Erwerber diesen zuschreibt.
Insbesondere die Prüfung von Klimaaspekten kann viele Hinweise auf die langfristige Rentabilität einer geplanten Akquisition geben. Zu unterscheiden sind bei der Betrachtung einerseits Maßnahmen des Unternehmens, die zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen, und andererseits Maßnahmen, die die Folgen des Klimawandels für das konkrete Unternehmen abfedern. Lange waren hier vor allem Maßnahmen zur klassischen Emissionsreduzierung relevant. Mittlerweile rücken allerdings auch solche Anpassungsmaßnahmen immer mehr in den Vordergrund, die bereits eingetretene oder zu erwartende Auswirkungen des Klimawandels auf ein Unternehmen reduzieren sollen. Sie sind in einer Due Diligence einfacher zu bewerten, da sie ihre Wirkung von vornherein auf Ebene des Targets erzielen sollen. Eine Anfälligkeit für Klimaextremereignisse wie zum Beispiel Dürren, Überschwemmungen oder auch Waldbrände kann die zukünftige Entwicklung des Targets beeinträchtigen. Produktionen können beeinträchtigt oder vollständig zerstört werden, Absatzmärkte wegfallen und Lieferketten unter Druck geraten. Auf der anderen Seite haben Targets, die diese Risiken erkennen und mitigieren, einen erheblichen Vorteil, der sich langfristig auf die Rendite auswirkt.
Gleichermaßen sind aber Investitionen in saubere und klimaverträgliche Produkte sowie die Umstellung auf klimaneutrale Technologien wichtig. Unternehmen sind besser für die Zukunft gerüstet, wenn sie ihren Energieverbrauch reduzieren oder ihre Energiequellen diversifizieren. Technische Innovationen können die CO2-Bilanz eines Unternehmens verbessern und gleichzeitig regulatorische Vorgaben erfüllen, ohne Produktionseinbußen hinnehmen zu müssen.
Der rechtliche Rahmen der Due Diligence hängt stark von der Branche ab, in dem das Zielunternehmen tätig ist. Grundsätzlich sind natürlich alle rechtlich einschlägigen Vorschriften zu prüfen. Der Schwerpunkt und das abstrakte Risiko sind allerdings im Einzelfall sehr unterschiedlich. Bei produzierenden Unternehmen sind mögliche Bodenkontaminationen und Gewässerverunreinigungen von besonders großer Bedeutung. Zudem sind hier Treibhausgas-Emissionen und die Einhaltung der relevanten Grenzwerte genau zu prüfen. Im Bereich erneuerbarer Energien sind vor allem die Einhaltung von Grenzwerten für Geräuschemissionen, Tierschutz- und Tierwohlaspekte und der Schutz von Biodiversität kritisch zu beleuchten. Technologieunternehmen müssen hingegen vor allem einer Prüfung hinsichtlich des Energieverbrauchs, aber auch der Langlebigkeit ihrer entwickelten Produkte unterzogen werden. Im Handel und der Konsumgüterindustrie gewinnt das Prinzip der Kreislaufwirtschaft (circular economy) an Bedeutung, wonach umwelt- und klimaschädliche Nebenprodukte und Abfälle durch eine hohe Recyclingquote vermieden werden sollen.
Die Prüfung der Umweltverträglichkeit des Targets ist spätestens seit den ersten wichtigen Umweltgesetzen der 80er-Jahre fester Bestandteil einer Due Diligence Prüfung, wenn auch mit stetig zunehmendem Umfang. Besonders umfangreich sind die Prüfungen im produzierenden Gewerbe und in der Energie- und Abfallwirtschaft. Aber auch Technologieunternehmen hinterlassen einen größeren ökologischen Fußabdruck als weitläufig angenommen.
Umweltprüfungen sind besonders zu empfehlen, da in diesem Bereich der staatliche Sanktionsmechanismus über die Jahre ausgesprochen detailliert und wirkungsmächtig geworden ist. Insbesondere durch die Prüfung von möglichen Altlasten können erhebliche Kosten im Nachhinein vermieden werden.
Der „Maßnahmenkatalog" für abstrakte und konkret identifizierte Risiken ist für ökologische Themen nicht anders als für alle anderen Risiken im Rahmen einer M&A Transaktion. Dürften je nach Transaktion hier aber früher eher allgemeinere Garantieregelungen ihren Weg in den Kaufvertrag gefunden haben, sollten diese nun deutlich präzisiert und im Anwendungsbereich erweitert werden. Außerdem sollten auch kleinere identifizierte Risiken durch die Aufnahme konkreter Freistellungen abgesichert werden. In Extremfällen kann auch über eine allgemeine Reduktion des Kaufpreises nachgedacht werden. Freistellungen haben gegenüber den allgemeinen Garantien den Vorteil, dass sie häufig gar keinen oder anderen Schwellenwerten unterliegen und eine abweichende Verjährung vereinbart werden kann. Freistellungen sind, nicht zuletzt aus diesem Grund, häufig schwierig verhandelbar. Auch bei Garantien stößt ein Erwerber häufig auf großen Widerstand. Verkäufer können in vielen Fällen selbst nicht abschätzen, welche Risiken sich während des Betriebs angesammelt haben, oder welche sie vielleicht selbst erst beim eigenen früheren Erwerb des Unternehmens mit „eingekauft“ haben. Ein Lösungsweg kann hier sowohl für Garantien als auch für Freistellungen eine über die Zeit abnehmende Risikoallokation auf den Verkäufer sein („sliding scale"). Liegt die Verantwortung eines realisierten Risikos zu Beginn dieses Zeitraums noch hauptsächlich oder gänzlich beim Verkäufer, „wandert“ diese Verantwortung mit der Zeit immer weiter auf den Käufer über, bis der Käufer irgendwann keinerlei Haftung mehr unterliegt.
Umweltrechtliche Risiken waren schon immer ein zentraler Gegenstand rechtlicher Due Diligence Prüfungen. Die steigende Bedeutung von ESG-Themen und die zunehmende Regulierungsdichte, insbesondere auch branchenspezifischer Regulierung, in diesem Bereich führt nun aber dazu, dass Erwerber ein noch größeres Augenmerk auf diese Themen legen sollten. Es ist daher anzuraten, sich bereits im Vorfeld einer geplanten Transaktion gemeinsam mit rechtlichen Beratern und Umweltberatern damit auseinanderzusetzen, welche ökologischen Aspekte für diese spezifische Transaktion mit diesem spezifischen Target relevant werden und diese dann einer detaillierten Prüfung zu unterziehen.