Who is next? – Ausverkauf deutscher Technologien in der Elektromobilbranche

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Dr. Kai Kerger

Partner
Deutschland

Ich bin ein erfahrener Transaktionsanwalt und Partner unseres Corporate/M&A-Teams in Frankfurt am Main und biete Mandanten langjährige Expertise bei nationalen und grenzüberschreitenden M&A-, Private Equity- und Venture Capital-Transaktionen, Investitionen aller Art, bei komplexen Restrukturierungen und Reorganisationen und Joint Ventures, insbesondere bei Projekten mit einem besonderem Technologiefokus sowie in allgemeinen gesellschafts- und handelsrechtlichen Angelegenheiten.

Wie sollte es sein, das Auto der Zukunft? Das ist die Frage, die den Geist unserer Generation in Bezug auf Mobilität prägt. „Nachhaltig, komfortabel, automatisiert und innovativ, mit anspruchsvollem on-board Entertainment“ würde der potentielle Käufer wohl antworten. „Wirtschaftlich und wettbewerbsfähig“ der Hersteller mit Sicherheit ergänzen.

Das Bewusstsein in der Gesellschaft, dass Alternativen zum herkömmlichen Verbrennungsmotor unumgänglich sind, wächst stetig. Dieses Umdenken wird durch teilweise verpflichtende staatliche Vorgaben im Rahmen der Verkehrswende gefördert. Anfang 2018 waren erstmalig weltweit mehr als ca. 3 Mio. Elektrofahrzeuge zugelassen, ein Zuwachs von starken 55% im Vergleich zum Vorjahr. In Deutschland ließen sich allerdings am 1. Januar 2018 gerade einmal 53.861 Elektrofahrzeuge auf den Straßen erfassen.

Weltweit betrachtet befinden wir uns in einem kontinuierlichen Strukturwandel im Bereich der Mobilität, der sowohl für die Automobilwirtschaft als auch für die Energie- und Versorgungswirtschaft und die IT-Branche, die Infrastruktur als solche, sowie alle anderen partizipierenden Industriesektoren große Veränderungen mitsichbringt. Dieser Wandel ist zum einen durch einen rasanten Anstieg von Fusionen, Übernahmen und Kooperationen, insbesondere der Automobilindustrie und fachfremder Branchen, und zum anderen durch einen dominanten wirtschaftlichen Auftritt und Investitionshunger Chinas gekennzeichnet. China kauft sich in bemerkenswertem Tempo und mit Milliardenbeträgen in die globale Wirtschaft, insbesondere den Technologie- und Automobilsektor ein. Nicht nur die Herstellung leistungsfähigerer elektrischer Akkus für den Antrieb der Fahrzeuge steht hierbei im Mittelpunkt der Forschung und Entwicklung. In den Fokus des Interesses rücken dabei insbesondere auch Energieversorger, wenn es um den Ausbau der für Elektrofahrzeuge benötigten Ladeinfrastruktur und um die Zweitverwendung ausgedienter Autobatterien geht (Second-Life-Usage). Aufgrund dessen reagieren Hersteller und Zulieferer zunehmend mit Übernahmen und Fusionen oder mit der Eingehung von Joint Ventures mit Unternehmen der Energie-, IT-, Technologie- und Telekommunikationsbranche. Oft beteiligen sie sich an Start-ups oder übernehmen sie gleich, um sich Wissen aus noch fachfremden Bereichen schnell und effizient anzueignen und dieses im eigenen Unternehmen zu integrieren.

 Zwar birgt die erhöhte M&A-Aktivität für viele deutsche Unternehmen Vorteile, allerdings ist sie insbesondere auch durch Übernahmen von deutschen Unternehmen durch ausländische, insbesondere chinesische Investoren gekennzeichnet. Dies lässt in der Politik und in den Medien immer wieder die Diskussion aufflammen, ob ein Ausverkauf deutscher Technologien drohe, vor allem seit der chinesische Haushaltswarenproduzent Midea den Augsburger Roboterhersteller Kuka im Januar 2017 übernahm. Im Zuge dessen wurde von Politik und Wirtschaft die Forderung nach einem verschärften Investitions- und Wirtschaftsschutz in Deutschland laut. Auch auf EU-Ebene wird eine härtere Gangart gegenüber der Übernahme innereuropäischer Schlüsselbranchen und gerade für den Arbeitsmarkt wichtiger Zukunftstechnologien durch ausländische Investoren gefordert, um das Abwandern ins Ausland zu verhindern.

Die klassischen M&A-Strategien müssen sich Veränderungen anpassen, denn die Übernahme und Fusion von Unternehmen besonders fachfremder Branchen war vor wenigen Jahren noch selten der Fall. Der rechtliche Schwerpunkt im Rahmen des zu fassenden Wandels, der insbesondere auch im Bereich des Gesellschaftsrechts durch neue und innovative Kooperationsformen mit ausgesprochenem Technologieschwerpunkt gekennzeichnet ist, liegt primär auf der Entwicklung flexibler und rechtssicherer Gesellschaftsverträge, Joint-Venture-Verträge, F&E-Verträge und Kooperationsverträge, operativer Verträge im Bereich der Lieferkette sowie Projektverträge. Noch dazu müssen beispielsweise bei der Prüfung des Erwerbs einer Zielgesellschaft oder eines Joint Venture Partners sowie der Prüfung eingebrachter gewerblicher Schutzrechte oder beispielsweise Lizenzen regulierungsrechtliche und aufsichtsrelevante Vorschriften frühzeitig erkannt und beachtet werden. Zu nennen wären beispielweise die gesetzlichen Vorschriften für das Inverkehrbringen von Batterie- und Speichertechnologien, denn im Zuge dessen sind unter anderem Kennzeichnungs- und Meldepflichten zu beachten. Zusätzlich kann auf der Beratung zur rechtskonformen Nutzung staatlicher Fördermittel ein Fokus der anwaltlichen Tätigkeit, auch, aber nicht nur im Rahmen einer Due Diligence Prüfung, liegen.
  
Eine rasante Vorreiterrolle in der Entwicklung, Herstellung und Nutzung von elektrischen Fahrzeugen nimmt vor allem China ein. Ausweislich des aktuellen Electric Vehicle Index (März 2018) von der international renommierten Beratungsfirma McKinsey wurde im Jahr 2017 mit über 600.000 verkauften Elektrofahrzeugen (plus 72%)  weltweit fast jedes zweite Elektrofahrzeug in China zugelassen. Das Land hat einen Anteil von 41% an der Weltproduktion und steht somit mit Abstand auf dem ersten Platz. Deutschland belegt in der Produktion dagegen ausweislich dieser Untersuchung mit nur 18% den dritten Rang, hinter Japan mit 19%.¹ Diese Vormachtstellung und Dynamik in Bezug auf elektrische Mobilität wird insbesondere durch eine Vielfalt an Fahrzeugmodellen jeder Klasse, die Gewährung staatlicher finanzieller und nicht finanzieller Vorteile, wie beispielsweise der umfangreichen Subvention von Automobilen mit reinem Elektromotor, und durch den von China betriebenen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur begründet und immer weiter ausgebaut. Zwar wird die Elektromobilität auch in Deutschland durch eine Kaufprämie für Elektrofahrzeuge, den sogenannten Umweltbonus, steuerliche Vorteile und der „Förderrichtlinie zur Ladeinfrastruktur Elektrofahrzeuge“ staatlich subventioniert, jedoch sind die Fördermittel wesentlich niedriger als in anderen Ländern (in China bis zu 40%, in Deutschland lediglich 20%).² Hinzu kommt, dass ein ausreichendes, flächendeckendes Netz an Ladesäulen derzeit noch nicht zur Verfügung gestellt wird. Des Weiteren ist die Auswahl an deutschen Elektrofahrzeug-Modellen wesentlich geringer und Hersteller sind hinsichtlich der Kernkomponenten, insbesondere der Batteriezellen, auf Exporte aus Asien angewiesen, da Deutschland und Europa so gut wie keine eigenen nennenswerten Produktionskapazitäten vorweisen können. Obwohl Deutschland als Wirtschaftsstandort untrennbar mit dem Automobil verbunden ist, scheint die Entwicklung im Bereich der E-Mobilität noch zu langsam und der Automobil- und Technologiestandort Deutschland seine Zukunft zu verspielen. Dies hätte nicht nur schwere Auswirkungen für die Wirtschaft und die Ökobilanz, sondern würde auch nachteilige gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen haben und die Sicherung von Arbeitsplätzen in der Automobilbranche und anderen nahestehenden Industrien in Deutschland gefährden.

 Allerdings scheinen sich die großen Hersteller sukzessive der Lage bewusst zu werden, denn BMW besiegelte erst kürzlich eine wichtige Partnerschaft mit dem chinesischen Unternehmen CATL. Das deutsche Traditionsunternehmen BMW wird dem Konzern aus China in großem Umfang Batteriezellen für die Produktion seiner elektrischen Flotte abkaufen. Im Gegenzug wird CATL im Raum Erfurt eine große Produktion für Batteriezellen errichten. Für deutsche Autohersteller dürfte eine Zellfertigung in Thüringen durch die Chinesen die derzeitige Lage auf dem Markt für Batteriezellen deutlich verbessern.

 Für ausländische Automobilhersteller ist wiederum auch im Hinblick auf Elektrofahrzeuge die Erschließung des chinesischen Marktes für eigene Modelle wirtschaftlich unumgänglich, denn es ist der zurzeit am schnellsten wachsende Absatzmarkt der Welt. Dieser ist jedoch mit einigen Herausforderungen und Risiken in Bezug auf Investitionen und Transaktionen verbunden, da für Investitionen in China grundsätzlich noch recht weitreichend ein „Joint-Venture Zwang“ herrscht. Dies bedeutet, dass ausländische Unternehmen, die einen Fuß auf den chinesischen Markt setzen wollen, mit einheimischen Unternehmen eng kooperieren und sogar gesellschaftsrechtlich verbunden sein müssen. Für die Herstellung von Elektrofahrzeugen gilt erst seit kurzem kein Partnerzwang mehr. Die traditionelle Automobilbranche ist allerdings erst etwas später mit einer Aufhebung an der Reihe. So soll die Grenze für ausländische Beteiligungen an Nutzfahrzeugherstellern im Jahr 2020, in der PKW-Branche im Jahr 2022 fallen und dann auch die Aufhebung der Beschränkung auf zwei Joint Venture Partner folgen, so dass nach einer fünfjährigen Übergangsfrist sämtliche Beteiligungsschranken entfallen sein könnten.
  
 Zwar wirkte der staatliche Zwang zur Kooperation zuerst auch für den Elektrofahrzeugsektor nachteilig, denn solche Vorgaben verlangsamen grundsätzlich den Verlauf von Transaktionen und hemmen Verhandlungsgespräche sowie bereits eine Investitionsbereitschaft. Auch die großen kulturellen Unterschiede der Rechtssysteme und der unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen sind ein Hindernis. Zusätzlich stellt die mögliche Abschöpfung in Deutschland entwickelter Wissensstandards durch die chinesischen Partner ein beachtliches Problem oder zumindest ein häufig genanntes Risiko dar. Allerdings profitieren die ausländischen Unternehmen auch von der tiefen nationalen Marktkenntnis ihrer chinesischen Partner und erhalten Zugang zu Vertriebskanälen sowie Beziehungen in Regierungs- und Wirtschaftskreise hinein, die ein westlicher Hersteller in der Weise aufgrund der erheblichen kulturellen Unterschiede nie eigenständig hätte etablieren können. Dies führt zur leichteren Überwindung staatlicher und wirtschaftlicher Markteintrittsbarrieren. Einen weiteren Vorteil stellt die enorme Aufgeschlossenheit der chinesischen Kultur gegenüber der digitalen Entwicklung dar, was dazu führt, dass deutsche Joint-Venture-Partner neue Technologien schneller und übergreifender testen und einsetzen, aber eben auch letztlich verkaufen können. Die Vorteile überwiegen – wenn man sich eine so pauschale Einordnung erlaubt – daher wohl größtenteils sogar die mit dem (bisherigen) Joint-Venture-Zwang verbundenen Nachteile.

 Ein weiteres innerhalb der Automobilbranche zu beobachtendes Phänomen stellt die Outbound-M&A-Aktivität chinesischer Investoren dar. Einige chinesische Automobilzulieferer streben den Erwerb von Wissen und Technologie durch Zukäufe aus dem Ausland, insbesondere aus Deutschland, an, um den Fahrzeugbau auf ein westliches Niveau anzuheben und sich Kernkomponenten wie beispielsweise Batterien, Motorsteuerungen, Antriebsblöcke und Fahrzeugelektronik anzueignen. Im Jahr 2017 war China viertgrößter Investor in Deutschland hinter den USA, der Schweiz und Großbritannien. Seit dem Jahr 2016 findet regelrecht ein anhaltender „Ausverkauf“ deutscher Technologien statt. Angesichts der damit verbundenen drohenden Abwanderung von inländischem Know-how ins Ausland werden immer mehr Stimmen laut, die diese Entwicklung kritisch sehen und einen stärkeren Schutz der deutschen Wirtschaft, auch der Elektrofahrzeugbranche, fordern. Ein Beispiel für einen solchen Wirtschaftsprotektionismus liefern die USA. Dort überwacht eine staatliche Behörde, ob im Land investiert werden darf oder nicht. Das Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS) prüft seit den 70er Jahren, ob ausländische Investitionen mit den sicherheitspolitischen Interessen der USA vereinbar sind.

 Allerdings entziehen sich auch ausländische Übernahmen deutscher Unternehmen nicht jeglicher staatlichen Kontrolle. In Deutschland sind Investitionskontrollen im Außenwirtschaftsgesetz und in der Außenwirtschaftsverordnung trotz etwaiger Vorbehalte angesichts eines damit verbundenen Eingriffs in die Vertragsfreiheit der Parteien geregelt. Sie gelten für den Unternehmenserwerb, das heißt für Übernahmen und Beteiligungen. Neugründungen, auch in Form eines Joint-Ventures, werden jedoch nicht erfasst. Die Hürden für eine Untersagung durch das Bundeswirtschaftsministerium sind jedoch recht hoch. Zum einen muss der Erwerber nach der Transaktion mittelbar oder unmittelbar 25% der Stimmrechte halten und der Kauf muss entweder die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland gefährden.
  
 Ein solcher Fall kann denkbar sein, wenn die Zielgesellschaft eines Unternehmenskaufs eine sogenannte kritische Infrastruktur betreibt oder aber Software entwickelt, die zum Betrieb von kritischen Infrastrukturen dient und die Sektoren Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung sowie Finanz- und Versicherungswesen betrifft. Ob beispielsweise die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge (zukünftig), auch angesichts der mit der Förderung einhergehenden gesamtwirtschaftlichen Bedeutung, als kritische Infrastruktureinrichtung im Sinne des Gesetzgebers anzusehen ist bzw. seitens des Bundeswirtschaftsministeriums angesehen wird, ist jedoch sehr fraglich.

 Bisher wurde noch kein Erwerb staatlich untersagt, wobei sich jedoch in jüngster Zeit ein Wandel in der Anwendung des Gesetzesinstrumentariums im Rahmen der Investitionskontrolle abzeichnet. In jüngster Zeit zeigt Deutschland verstärkte Abwehrbereitschaft gegenüber chinesischen Beteiligungen und Übernahmeplänen. Das Bundeskabinett beabsichtigte beispielsweise, Anfang August 2018 über den Fall des westfälischen Maschinenbauers Leifeld zu entscheiden. Das Unternehmen ist ein Zulieferer für die Auto- und Luftfahrtbranche und war begehrtes Ziel der chinesischen Yantai Taihai Corp, die den Maschinenbauer zusammen mit der französischen Manoir Group übernehmen wollte. Es wäre zu dieser Zeit das erste Mal gewesen, dass Deutschland die neue Außenwirtschaftsverordnung angewendet hätte, allerdings wurde in diesem Fall die Transaktion abgesagt, bevor der Fall entschieden wurde.
  
 Trotz alledem sind die protektionistischen Bestrebungen Deutschlands deutlich zu spüren. Im ganz aktuellen Falle des Stromnetzbetreibers 50Hertz war die Lage jedoch komplizierter, da die Außenwirtschaftsverordnung keine direkte Anwendung finden konnte. Der chinesische Staatskonzern State Grid Corporation (SGCC) hatte schon mehrfach Interesse an dem deutschen Versorger gezeigt und für Anteile geboten. Nach Informationen des Handelsblattes war bereits ein Kaufvertrag mit dem australischen Fonds IFM abgeschlossen worden, der 20% der Anteile an 50Hertz hielt. Allerdings stand dem belgischen Energieversorger Elia, der die übrigen 80% des deutschen Stromversorgers innehat, ein Vorkaufsrecht bezüglich der australischen Anteile zu. Der Einstieg der chinesischen Investoren unterfiel daher in diesem Falle nicht der Prüfung durch die Außenwirtschaftsverordnung, obwohl es sich in Bezug auf die Stromversorgung durchaus um sicherheitsrelevante Infrastruktur handelt, weil der zum Verkauf stehende Anteil unter 25% lag. Da der Einstieg der Chinesen nur durch die Ausübung des Vorkaufsrechts des belgischen Energieversorgers verhindert werden konnte, ging Berlin offensichtlich einen anderen Weg. Die Bundesregierung verständigte sich mit Elia über den Verkauf und veranlasste, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in ihrem Auftrag den zum Verkauf stehenden Anteil an 50Hertz im Rahmen einer Brückenlösung erwirbt. Das bedeutet, dass Elia 50Hertz per Vorkaufsrecht vollständig übernimmt und einen 20-Prozent-Anteil dann an die KfW weiterreicht. Der chinesische Investor geht leer aus.

 Wie sich die Prüfungs- und Entscheidungspraxis des Ministeriums in einem konkreten Fall entwickelt, ist noch nicht eindeutig absehbar. Jedoch zeichnet sich jetzt bereits ab, dass chinesische Investitionen zukünftig stärker geprüft und gegebenenfalls entschiedener auch untersagt werden. Zumindest steigt die Zahl der Prüfungsverfahren permanent an. Darüber hinaus bestehen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene Pläne für eine verstärkte Investitionskontrolle. Der deutsche Koalitionsvertrag beinhaltet das Ziel, sicherheitsrelevante Schlüsseltechnologien stärker vor einem Ausverkauf oder einer Übernahme zu schützen. Auch der Handelsausschuss des Europäischen Parlaments hat sich Anfang Juni letzten Jahres für eine verschärfte Prüfung ausgesprochen. Dabei soll insbesondere eine Rolle spielen, ob hinter einem Investor mittelbar oder unmittelbar ein Staat steht und seine Kontrolle ausübt. Dies könnte je nach Ausgestaltung der Vorschriften zu einem hohen Hindernis für chinesische Investoren werden.
  
 Da ein umfassender staatlich initiierter Schutz der deutschen Wirtschaft vor Ankäufen aus dem Ausland derzeit jedoch noch nicht vollständig stattfindet, liegt der Fokus aller Bemühungen vorerst und weiterhin vermehrt auf einer rechtlichen Absicherung dahingehend, die unberechtigte Abwanderung von Wissen und Technologie auch aus dem Bereich der Elektromobilität ins Ausland zu verhindern, auch wenn eine Verfolgung von Rechtsverstößen und eine Durchsetzbarkeit von Ansprüchen beispielsweise in China erfahrungsgemäß nicht leicht fallen dürfte. Hier rückt vor allem der gewerbliche Rechtsschutz auf nationaler und internationaler Ebene in den Vordergrund. Die rechtlichen Schwerpunkte liegen hier auf der Beratung beim Abschluss von Forschungs-, Projekt- und Entwicklungsverträgen sowie Lizenzverträgen. Umgekehrt muss natürlich bei der Neuentwicklung von Produkten und Verfahren im Bereich der Elektromobilität auch die zunehmende Dichte an Patenten Dritter beachtet werden. Insbesondere bei der Kooperation mit anderen Unternehmen sind transparente Regelungen zur Behandlung der gewonnenen Arbeitsergebnisse und deren späteren Nutzung unabdingbar, denn es besteht ein essentielles Interesse daran, die entstandenen Schutzrechte gegen Plagiatoren, unter Umständen auch unabhängig vom jeweiligen Kooperationspartner, durchzusetzen. Im Zuge dessen liegt eine weitere rechtliche Herausforderung auf der Beachtung kartellrechtlicher und nationaler sowie internationaler behördlicher Vorgaben und Bestimmungen. Bei chinesischen Investitionen in Deutschland sollten beide Seiten, der deutsche Verkäufer und der chinesische Käufer, die Investitionskontrollen beider Staaten frühzeitig in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht in die Transaktionsplanung einbeziehen. Dies gilt insbesondere für Verkäufe, die unter großem Zeitdruck stattfinden, wie beispielsweise öffentliche Übernahmen oder strukturierte Verkaufsprozesse mit sehr knapp bemessenen Fristen. Aber auch in jeder anderen Transaktion sollten sich die Parteien hiermit frühzeitig befassen. Die Investitionskontrollen sollten auch im Unternehmenskaufvertrag in Form von Vollzugsbedingungen Berücksichtigung finden und verfahrenstechnische Abläufe wie die etwaige Einholung einer erforderlichen Genehmigung oder auch Unbedenklichkeitsbescheinigung nach der Außenwirtschaftsverordnung abgebildet werden. Zusätzlich sollte der Kaufvertrag auch Regelungen dazu enthalten, wie zu verfahren ist, wenn eine Transaktion untersagt wird oder aber eine Genehmigung bis zu einem vereinbarten Zeitpunkt nicht vorliegt. Das schafft mehr Rechtssicherheit für beide Seiten und diszipliniert den Transaktionsprozess.

 Erarbeitetes Wissen sollte durch eine genaue schriftliche Dokumentation und rechtliche sowie tatsächliche und betriebliche Sicherung der eigenen Forschungsergebnisse und der daraus resultierenden Marken, Patente und Urheberrechte geschützt werden. Eine ungewollte Abwanderung von wesentlichen Technologien der Elektromobilität, die den geistigen Kern eines Unternehmens ausmachen, kann beispielsweise verhindert werden, indem bestimmte Teile weiterhin nicht in China produziert werden. Als Alternative ist es möglich, Diversifizierungsstrategien zu verfolgen, bei denen die Herstellung einzelner Komponenten des Elektrofahrzeugs auf verschiedene chinesische Zulieferer verteilt wird. Die Weitergabe von Wissen, Dokumenten, Mustern und Modellen sollte ausschließlich nach der sogenannten „Need-to-Know-Methode“ erfolgen. Noch dazu sollten strikte Regelungen zur Geheimhaltungspflicht aufgestellt werden.

 Auch wenn einige strenge rechtliche und faktische Regelungen beachtet werden sollten, um die Abwanderung unternehmenswesentlichen „Know-Hows“ nach China und ins Ausland generell zu verhindern, sollte China jedoch gerade auch im Bereich der Elektromobilität keinesfalls als Gegner, sondern als Partner verstanden werden. Denn das Reich der Mitte leistet einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der Elektromobilität und hilft ausländischen Unternehmern, sich den Zugang zum chinesischen Absatzmarkt zu erschließen, auf dem bereits jetzt über 50% des Umsatzes generiert werden. China nimmt bereits eine absolute Vorreiterrolle in der Entwicklung, Herstellung und Nutzung elektrischer Fahrzeuge ein und stellt zusätzlich einen verlässlichen, lösungsorientierten und innovativen Kooperationspartner für deutsche Unternehmen dar.
  
 Wenn man wissen möchte, wie das Auto der Zukunft aussieht, ist der Blick nach China unabdingbar.

*¹ Zahlen von McKinsey: https://www.mckinsey.de/branchen/automobil-zulieferer/electric-vehicle-index
 *² https://www.mckinsey.de/branchen/automobil-zulieferer/electric-vehicle-index  

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