IP-Rechte unterliegen teilweise anderen Spielregeln als die übrigen Vermögenswerte eines Unternehmens. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist wichtig, hier den Überblick zu behalten. Dies gilt in besonderem Maß, wenn IP-Rechte Gegenstand von Lizenzen sind und einer der beiden Vertragspartner insolvent wird.
IP Rechte gehören oft zu den wertvollsten Assets eines Unternehmens. Deshalb haben sie gerade in wirtschaftlich schwierigen Situationen, und in einer solchen befindet sich im Moment die gesamte Wirtschaft, eine große Bedeutung. Sie bieten einerseits eine gute Möglichkeit, Kapital zu beschaffen. Andererseits muss das weitsichtige Unternehmen auch beachten, dass Unternehmensabläufe nicht durch die Schieflage von Partnern (z.B. in einer Lizenzbeziehung) gefährdet werden.
Eine Möglichkeit der Kapitalbeschaffung besteht darin, IP-Rechte durch Verkauf zu verwerten. Wesentlicher Nachteil ist, dass damit das IP aus der Hand gegeben wird. Unternehmen haben aber häufig umfangreiche IP-Portfolios; nicht alle davon werden benötigt. Hier können Chancen für Verkäufer und auch Erwerber liegen. Es ist allerdings darauf zu achten, dass die jeweiligen Assets nicht (zu sehr) unter Wert veräußert werden. Ansonsten sind sie im Insolvenzfall anfechtbar. Deshalb ist eine fachmännische Bewertung empfehlenswert.
Bei der Verwertung verliert der Veräußerer sein Recht. Sie ist deshalb (abgesehen von sale and lease/licence back Lösungen – zu Lizenzen unten) besser für Rechte geeignet, die jedenfalls nicht im Zentrum der unternehmerischen Tätigkeit stehen. Aber selbst betriebswesentliche Assets können für die Erreichung eines wirtschaftlichen Spielraums eingesetzt werden, nämlich als Kreditsicherheiten. Hierzu zählen insbesondere die Sicherheitsübertragung oder die Verpfändung. Auch für diese Lösung sind wirtschaftliche Bewertungen des IPs sehr sinnvoll.
Besonderes Augenmerk verdienen die Fragenkreise rund um die Lizenz. Diese sind häufig essentiell für mindestens eine, häufig beide, Parteien des Lizenzvertrags. Was aber passiert, wenn der eine oder andere in eine wirtschaftliche Schieflage gerät? Fragestellungen in diesem Bereich sind viel diskutiert. Seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung im Jahr 1999 sind IP-Lizenzverträge jedenfalls nicht ohne weiteres insolvenzfest. Mit der Insolvenz besteht demnach aufgrund des Wahlrechts des Insolvenzverwalters aus § 103 Abs. 1 InsO die Gefahr für den Lizenznehmer, dass der Lizenzvertrag nicht weitergeführt wird. Der Lizenznehmer kann dann zwar seinen Schaden als Insolvenzgläubiger zur Tabelle anmelden, bleibt aber in der Regel auf einer geringen Quote sitzen. Für den Lizenznehmer kann dies sehr weitreichende, nachteilige wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen, die sich oftmals mit einer entsprechenden vertraglichen Gestaltung im Vorfeld, also bevor die Insolvenz eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht, abfedern ließen. Das Insolvenzrecht lässt es allerdings in der Regel nicht zu, erst im Falle einer Insolvenz entsprechend zu agieren.
Gerät der Lizenznehmer in die Insolvenz, stellt sich für den Lizenzgeber die Frage, welche Risiken für sein lizenziertes IP-Recht und vor allem dessen wirtschaftliche Verwertbarkeit bestehen. Es sollte für einen Rückfall der dem Lizenznehmer eingeräumten Rechte an den Lizenzgeber und deren Verwertbarkeit gesorgt sein, damit das IP-Recht des Lizenzgebers nicht in den Strudel der Insolvenz gerät. Ohne anderweitige Regelung kommt ein Rückfall des IP-Rechts an den Lizenzgeber in der Regel nur bei Beendigung Lizenzvertrags durch den Insolvenzverwalter in Betracht (Wahlrecht des Insolvenzverwalters gem. § 103 Abs. 1 InsO). Jedoch wird der Insolvenzverwalter einer Beendigung nicht zustimmen, wenn das insolvente Unternehmen wirtschaftlich noch von den lizenzierten IP-Rechten profitiert. Dies ist für den Lizenzgeber besonders kritisch, wenn dem insolventen Unternehmen eine exklusive Lizenz erteilt wurde, deren Fortbestehen den Lizenzgeber daran hindert mit einer anderen Partei ins Geschäft zu kommen und sein IP-Recht so finanziell zu verwerten. Hier gibt es – zumindest in gewissem Umfang – vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten, um sich als Lizenzgeber abzusichern.
Auch in der Insolvenz des Lizenzgebers ist die Lizenzvereinbarung nicht insolvenzfest und hängt gem. § 103 Abs. 1 InsO grundsätzlich vom Wahlrecht des Insolvenzverwalters ab. Dieser wird die Lizenz beenden, wenn es lukrativer ist, das IP-Recht des Lizenzgebers lastenfrei, d.h. ohne Nutzungsrecht eines Dritten, weiter zu veräußern. Es besteht folglich das Risiko, dass das im Wege der Lizenz erworbene Nutzungsrecht wegfällt, so dass bereits getätigte Investitionen des Lizenznehmers auf Grundlage der Lizenz nutzlos werden und durch den jeweiligen Anteil der Insolvenzquote keine Kompensation finden. Ist das Insolvenzverfahren des Lizenzgebers bereits eröffnet, ist es für den Lizenznehmer kaum möglich, sich vor dem Wegfall des Nutzungsrechts zu schützen. Auch hier gilt es daher, den Inhalt des Lizenzvertrags sorgsam im Vorfeld zu gestalten.
IP und die aktuelle Corona-Situation spielen in der umfangreichen aktuellen rechtlichen Situation kaum eine Rolle. Die obigen Konstellationen zeigen, dass es sich doch lohnt über Corona & IP Gedanken zu machen. Sprechen Sie uns an!