Ein aktuelles Urteil des LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 16. Mai 2025 – 12 Sa 1014/24) unterstreicht die enorme Bedeutung eines funktionierenden Compliance-Mechanismus. Arbeitgeber, die nach einem Diskriminierungsvorfall schnell, strukturiert und nachvollziehbar handeln, können eine Haftung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erfolgreich verhindern. Die Entscheidung ist ein klares Signal für die Praxis.
Der Kläger, ein Arbeitnehmer mit dunkler Hautfarbe, war seit Anfang 2023 bei der Beklagten beschäftigt. Im Rahmen einer Dienstreise kam es in den frühen Morgenstunden zu einer Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten, der – unter Alkoholeinfluss – rassistische Bemerkungen äußerte.
Nach Eingang der Beschwerde reagierte der Arbeitgeber unverzüglich:
Trotz dieser klaren Reaktionen verlangte der Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe von 10.000 Euro nach § 15 Abs. 2 AGG. Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage ab, das LAG Berlin-Brandenburg bestätigte diese Entscheidung in vollem Umfang.
Das LAG sah zwar eine Würdeverletzung gemäß § 3 Abs. 3 AGG als gegeben an, verneinte jedoch das Vorliegen eines feindlichen Umfelds. Ein solches setze eine gewisse Schwere, Intensität und Dauer des Verhaltens voraus; ein einmaliger Vorfall könne nur dann genügen, wenn er besonders gravierend sei.
Das Gericht stellte maßgeblich darauf ab, dass der Arbeitgeber umgehend, nachvollziehbar und verhältnismäßig reagierte. Die eingeleiteten Schritte belegten das Vorhandensein eines wirksamen Compliance-Mechanismus, der sowohl präventive als auch repressive Elemente umfasst. Dadurch sei der Arbeitgeber seiner gesetzlichen Verpflichtung (nach § 12 AGG) nachgekommen und habe gezeigt, dass er diskriminierendes Verhalten im Betrieb weder duldet noch strukturell fördert. Eine Haftung nach § 15 Abs. 2 AGG kam damit nicht in Betracht.
Fazit: Praktische Auswirkung für Arbeitgeber
Die Entscheidung unterstreicht die zentrale Rolle eines gelebten Compliance-Mechanismus. Wer Diskriminierung vorbeugt und auf Verstöße sofort reagiert, schützt nicht nur seine Beschäftigten, sondern auch das eigene Unternehmen vor AGG-Haftungsrisiken.
Ein wirksamer Compliance Mechanismus umfasst:
Präventive Maßnahmen: Regelmäßige Schulungen, klare Verhaltensrichtlinien, funktionierende Meldekanäle und eine offene Kommunikationskultur.
Repressive Maßnahmen: Interne Untersuchungen, arbeitsrechtliche Sanktionen (Ermahnung, Abmahnung, Versetzung, ggf. Kündigung) und gezielte Schulungen der Beteiligten.
Entscheidend ist, dass diese Schritte dokumentiert und transparent umgesetzt werden.
Das Urteil zeigt: Arbeitgeber, die auf Diskriminierungsvorwürfe schnell, strukturiert und belegbar reagieren, können Entschädigungsansprüche erfolgreich abwehren. Ein klar definierter und dokumentierter Compliance-Mechanismus ist daher nicht nur rechtliche Notwendigkeit, sondern auch Ausdruck verantwortungsvoller Unternehmensführung. Er schafft Vertrauen, stärkt die Unternehmenskultur – und bietet den besten Schutzschild gegen AGG-Haftung.