An welchem Ort beginnt die Arbeitszeit – und muss der Betriebsrat bei der Festlegung dieses Ortes mitbestimmen? Das LAG Köln hat jüngst diese Frage verneint: Die Einigungsstelle ist jedenfalls offensichtlich unzuständig für die Regelung des Ortes, dessen Erreichen oder Verlassen für den Zeitpunkt des Beginns und Ende der Arbeitszeit maßgebend sein soll.
Landesarbeitsgericht Köln, 9 TaBV 25/25
Ein weltweit tätiges Logistikunternehmen beschäftigt in seinen Frachthallen auf dem Gelände eines Flughafens ca. 3.000 Arbeitnehmer. Etwa 1.000 Arbeitnehmer der Nachtschicht nutzen dabei kostenlos Parkplätze des Flughafens außerhalb des Betriebsgeländes. Nach Durchlaufen von Sicherheitskontrollen hatten die Arbeitnehmer dann noch ca. 1.000 Meter zum Betriebsgelände zurückzulegen, wofür das Logistikunternehmen einen Shuttlebus angeboten hat. Aufgrund von Bauarbeiten wurden die bisherigen Parkplätze für die Bauzeit von etwa 2 Jahren verlegt. Dadurch verlängerte sich der Fußweg der Arbeitnehmer zu den Frachthallen um etwa weitere 1.400 Meter.
Der Betriebsrat geht aufgrund dieser Verlegung der Parkplätze von einer deutlich längeren Zeit bis zum Erreichen der Frachthallen aus. Diese Zeit sei als Arbeitszeit anzusehen, da sie ausschließlich dem Arbeitgeber nutze. Der Betriebsrat beantragte daher die Bestellung eines Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Festlegung des Ortes, dessen Erreichen oder Verlassen für den Zeitpunkt des Beginns und Endes der Arbeitszeit maßgebend ist".
Die Arbeitgeberin hielt dem entgegen, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, da es sich bei der Strecke bis zu ihrem Betrieb in Form der Frachthallen um einen privaten Arbeitsweg handele und daher nicht der Mitbestimmung unterliege. Das gelte sowohl für den Weg vor als auch nach der Sicherheitskontrolle.
Das Arbeitsgericht hatte noch in der ersten Instanz per Beschluss eine Einigungsstelle mit entsprechender Besetzung und dem begehrte Regelungsgegenstand eingesetzt. Das LAG Köln hingegen gab jedoch der Arbeitgeberin Recht und änderte den Beschluss des Arbeitsgerichts ab und wies die Anträge des Betriebsrats zurück.
Das LAG erklärte die Einigungsstelle als offensichtlich unzuständig (§ 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG). Es differenziert dabei zwischen der mitbestimmungspflichtigen Festlegung von Beginn und Ende sowie der Verteilung der Arbeitszeit einerseits und der Festlegung des Ortes, an dem die Arbeitszeit beginnt und endet andererseits. Letzteres hat ausschließlich die Bewertung zum Gegenstand, welche Zeitspannen oder Tätigkeiten zu der zu verteilenden Arbeitszeit gehören. Diese Rechtsfrage sei unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BAG (u. a. 1 ABR 11/18 BAGE 168, 136-146) kein möglicher Gegenstand betrieblicher Regelungen, sondern gegebenenfalls unter Heranziehung und Auslegung einschlägiger tariflicher oder arbeitsvertraglicher Regelungen zu beantworten.
Dem Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist immanent, dass die Betriebsparteien und gegebenenfalls die Einigungsstelle nicht nur Regelungs-, sondern auch Rechtsfragen als (Vor-)Fragen zu behandeln haben. Die Entscheidung zu einer solchen isolierten Rechtsfrage kann hier aber nicht durch eine Partei erzwungen, sondern allenfalls einvernehmlich in die Einigungsstelle eingebracht werden. Details dieser etwas schwergängigen Begründung können den detaillierten Entscheidungsgründen entnommen werden.
Der Beschluss des LAG Köln zieht eine deutliche Grenze zwischen Regelungs- und Rechtsfragen im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung. Die Festlegung des Ortes, an dem die Arbeitszeit beginnt oder endet, ist jedenfalls isoliert betrachtet keine mitbestimmungspflichtige Regelungsfrage. Sie kann sich allenfalls inzidenter z. B. bei der Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung ergeben. Damit stärkt das Gericht die Position der Arbeitgeber und bestätigt, dass nicht jede betriebliche Veränderung mit zeitlichen Auswirkungen auf den Arbeitsweg automatisch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auslöst.