Mit der zunehmenden Professionalisierung des Sports unterliegen auch scheinbar eindeutige Vertragsklauseln einer immer strengeren rechtlichen Prüfung.
Dies haben die jüngsten Entscheidungen des Arbeitsgerichts Solingen und des LAG Düsseldorf zu sogenannten "Ligaklauseln/Abstiegsklauseln" im Profisport eindrucksvoll verdeutlicht. Was auf den ersten Blick als klare Regelung erscheint, entpuppt sich bei genauerer juristischer Betrachtung als rechtliches Minenfeld, das erhebliche Risiken für Vereine birgt.
Den Entscheidungen liegen Kündigungsschutzklagen eines Handballtrainers und dessen Co-Trainer zugrunde, die bei der B. M. GmbH angestellt waren. Nach dem Abstieg des Vereins in die 2. Handball-Bundesliga berief sich der Arbeitgeber auf folgende Vertragsklausel: "Der Vertrag besitzt ausschließlich für den Bereich der 1. Handball-Bundesliga Gültigkeit. Bei Abstieg oder Lizenzverlust/-rückgabe endet der Vertrag". Diese Klausel stellt eine auflösende Bedingung dar und findet sich in ähnlicher Form in zahlreichen Arbeitsverträgen für Trainer und Spieler, unter anderem auch im DFL-Lizenzspielervertrag.
Der Konflikt entstand, als der Arbeitgeber im Juni 2023 die Lohnzahlungen einstellte und sich auf die automatische Beendigung der Arbeitsverhältnisse durch den Abstieg berief. Die Trainer machten daraufhin deren Fortbestand sowie ausstehende Zahlungsansprüche geltend.
Das Arbeitsgericht Solingen gab den Klagen in vollem Umfang statt und erklärte die Ligaklausel für unwirksam. Das LAG Düsseldorf bestätigte diese Entscheidung, stützte die Unwirksamkeit jedoch bereits auf formale Mängel: Die Arbeitsvertragsformulare wiesen zwei separate Unterschriftenfelder für die beiden einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer auf, von denen jedoch nur eines genutzt wurde, was zu einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis nach § 21 i.V.m. § 14 Abs. 4 TzBfG, 126 Abs. 1 BGB führe.
Das Arbeitsgericht Solingen stellte zwei wesentliche inhaltliche Mängel fest: Zum einen verstoße die Klausel gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da nicht eindeutig feststellbar sei, welches Beendigungsdatum „bei Abstieg" gelten soll. Bezüglich des Begriffs „Abstieg" bestünden mehrere Deutungsmöglichkeiten: Zum 30.06. als Abschluss des Spieljahres, mit dem letzten Saisonspiel, bereits bei sportlicher Feststellung oder erst mit dem ersten Spiel in der niedrigeren Liga. Unklarheiten gingen dabei stets zulasten des Vereins als Verwender der Klausel.
Zum anderen führe die Verknüpfung verschiedener auflösender Bedingungen ("Abstieg" und "Lizenzverlust") zur Intransparenz und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Die auflösende Bedingung des Lizenzverlusts sei zudem unwirksam, da sie zur Umgehung des § 626 BGB führe und dem Arbeitnehmer einseitig das grundsätzlich vom Arbeitgeber zu tragende Beschäftigungsrisiko aufbürde.
Zudem schloss das Gericht aus, dass im Bereich des Profisports stets eine Befristung/auflösende Bedingung wegen der Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt sei. Dies bedürfe vielmehr stets einer Bewertung des konkreten Arbeitsverhältnisses, der Art der geschuldeten Arbeitsleistung und auch der Ausgestaltung der im konkreten Einzelfall vereinbarten Befristung/auflösenden Bedingung (Zulässigkeit nach BAG-Rechtsprechung bei Lizenzspielern im Fußball BAG, Urteil vom 16.01.2018 – 7 AZR 312/16 ).
Vereine müssen bei der Vertragsgestaltung höchste juristische Präzision wahren - insbesondere bei mehrdeutigen Begriffen wie „Abstieg", die eindeutig definiert werden müssen (z. B. Zeitpunkt, Kriterien, Verfahren). Formmängel wie unvollständige Unterschriften können zur Nichtigkeit führen. Die Entscheidungen verdeutlichen, dass auch im Profisport die allgemeinen arbeitsrechtlichen Standards gelten. Ein "Sonderarbeitsrecht" für den Spitzensport existiert nicht; vielmehr sind die allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze wie Bestimmtheit, Transparenz und Sachgerechtigkeit strikt einzuhalten. Eine vom Verein eingelegte BAG-Revision könnte künftig noch mehr Klarheit über die Gestaltungsmöglichkeit solcher Klauseln schaffen.
Die Problematik mehrdeutiger Begriffe, wie sie beim "Abstieg" im Profisport auftritt, ist keineswegs ein Einzelfall, sondern durchzieht das gesamte Rechtssystem. Während "Familie" im Alltag meist Eltern und Kinder umfasst, führt die juristische Betrachtung zu unterschiedlichen Definitionen je nach Rechtsgebiet - vom verfassungsrechtlichen Familienbegriff über EU-rechtliche "Familienangehörige" bis zur sozialrechtlichen "Bedarfsgemeinschaft". Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff "Semester": Was alltäglich ein Studienhalbjahr bezeichnet, wirft juristisch komplexe Abgrenzungsfragen zwischen Vorlesungs- und Semesterzeit auf, die in BAföG-Verfahren, bei Exmatrikulationen und Studiengebühren zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Diese Beispiele verdeutlichen, dass scheinbar eindeutige Alltagsbegriffe in der rechtlichen Anwendung zu komplexen Bestimmtheitsproblemen werden können, wenn verschiedene Anknüpfungszeitpunkte oder Definitionen denkbar sind.
Pauschale Ligaklauseln können dennoch ausnahmsweise wirksam sein, wenn sie als "Wunschbedingung" des Arbeitnehmers gemäß §§ 21, 14 I 2 Nr. 6 TzBfG vereinbart wurden. Die Anforderungen sind jedoch sehr hoch: Es muss anhand objektiver Umstände feststellbar sein, dass die Klausel ausschließlich im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Relevante Faktoren sind das sportliche Renommee, das Vermarktungspotenzial, die Vergütungshöhe sowie das Fehlen einseitiger Lösungsrechte. Typischerweise ziehen nur absolute Spitzensportler eine auflösend bedingte Anstellung einer unbedingten Beschäftigung vor. Soll eine Ligaklausel als Wunschbedingung wirksam sein, empfiehlt sich die schriftliche Dokumentation des ausdrücklichen Arbeitnehmerwunsches vor Vertragsunterzeichnung.
(Urteile Trainer: ArbG Solingen, Urt. v. 1.10.2024 – 3 Ca 728/24; Co-Trainer: ArbG Solingen Urt. v. 30.10.2024 – 4 Ca 729/24; Berufungen: LAG Düsseldorf, Urt. v. 23.5.2025 – 10 SLa 668/24; LAG Düsseldorf, Urt. v. 27.5.2025 – 3 SLa 614/24)