Haustiere am Arbeitsplatz

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Vincent Kirsch

Associate
Deutschland

Als Rechtsanwalt in unserem Hamburger Büro und Mitglied der Praxisgruppe Internationales Arbeitsrecht berate ich nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.

Auch nach mehrjähriger stiller Akzeptanz durch den Arbeitgeber hat der Arbeitnehmer ohne vertragliche Grundlage keinen Anspruch auf Mitnahme seines Haustieres an den Arbeitsplatz.

Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf am 8. April 2025, Az. 8 GLa 5/25 (Vergleich)

Die Entscheidung liegt beim Arbeitgeber

Grundsätzlich obliegt die Entscheidung, ob Tiere mit an den Arbeitsplatz gebracht werden dürfen, dem Arbeitgeber. Dies resultiert aus seinem allgemeinen Direktionsrecht, das es ihm ermöglicht, Regelungen und Ordnungen im Betrieb festzulegen, zu denen auch die Mitnahme von Haustieren gehört. Dem Arbeitgeber steht es demnach als Inhaber des Hausrechts frei, zu entscheiden, ob er Hunde oder andere Haustiere zulässt oder nicht, es sei denn, besondere Sicherheits- oder Hygienevorschriften verbieten bereits Haustiere in bestimmten Arbeitsbereichen oder es handelt sich bei dem Haustier um einen Blindenführ- und Begleithund.

Der Arbeitgeber kann die Mitnahme des Haustieres auch von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen. Er kann beispielsweise festlegen, ob die Mitnahme ständig oder nur in Ausnahmefällen erlaubt ist, welche Impfungen das Tier benötigt, ob es einen Maulkorb tragen muss oder stubenrein sein muss. Es besteht also grundsätzlich keine Verpflichtung des Arbeitgebers, die Mitnahme des Haustieres zu gestatten. Dies wäre auch mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber anderen Arbeitnehmern, die z.B. Angst vor Hunden haben oder unter Allergien leiden, nicht vereinbar. Etwas anderes kann sich aus einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung ergeben. Solche Klauseln sind in Arbeitsverträgen jedoch eher selten zu finden.

Gleichberechtigung

Schließlich ist bei der Mitnahme von Haustieren grundsätzlich auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen. Wird Arbeitnehmern die Mitnahme ihrer Haustiere gestattet, besteht ein entsprechender Anspruch grundsätzlich auch für andere Arbeitnehmer, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigen eine Differenzierung. Dies bedeutet, dass die Erlaubnis zur Mitnahme eines kleinen Hundes nicht automatisch die Mitnahme sogenannter Listenhunde an den Arbeitsplatz einschließt.

Auch die jahrelange stille Duldung begründet keinen Anspruch

In der Praxis wird die Mitnahme von Haustieren, insbesondere von Hunden, an den Arbeitsplatz häufig bloß geduldet, ohne dass eine vertragliche Vereinbarung besteht.

In der Praxis wird die Mitnahme von Haustieren, insbesondere von Hunden, an den Arbeitsplatz häufig bloß geduldet, ohne dass eine vertragliche Vereinbarung besteht. 

Untersagt der Arbeitgeber dann eines Tages die Mitnahme, argumentieren Arbeitnehmer häufig, es sei eine Konkretisierung des Arbeitsvertrages, eine Einzel- oder Gesamtzusage oder auch eine betriebliche Übung eingetreten. In diesen Fällen könnte zwar grundsätzlich ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Mitnahme des Haustieres bestehen. Allerdings hat die Rechtsprechung bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass hierfür ein Rechtsbindungswille des Arbeitgebers erforderlich ist. Ob ein solcher vorliegt, ist danach zu beurteilen, inwieweit der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung aller Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte. Der Arbeitgeber muss zu erkennen geben, dass er auf einen Teil seines Direktionsrechts verzichten will. Dies ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber die Mitnahme des Haustieres in den Betrieb über einen längeren Zeitraum lediglich stillschweigend duldet.

Klarstellung durch das LAG Düsseldorf 

Das LAG Düsseldorf (Az. 8 GLa 5/25) bestätigte nun: Auch eine jahrelange stille Duldung ist keine rechtsverbindliche Genehmigung.

Im zugrunde liegenden Fall, der breites mediales Interesse auf sich zog, brachte die Arbeitnehmerin ihre elfjährige Tierschutzhündin Lori über einen Zeitraum von sechs Jahren hinweg regelmäßig mit zum Arbeitsplatz, obwohl der Arbeitsvertrag ein Haustierverbot vorsah. Der Arbeitgeber, ein Spielhallenbetreiber, entschied nun, das Verbot durchzusetzen. Die Arbeitnehmerin versuchte daraufhin, ihren Arbeitgeber mittels einer einstweiligen Verfügung weiterhin zur Duldung zu zwingen. Sie scheiterte jedoch vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf. Auch in der zweiten Instanz vor dem LAG Düsseldorf teilte ihr die zuständige Kammer mit, dass ihre Erfolgsaussichten gering seien. Es sei davon auszugehen, dass das arbeitsvertragliche Verbot trotz der jahrelangen Duldung fortbestehe. Der Arbeitgeber konnte das Verbot unter anderem damit begründen, dass Kunden der Spielhalle möglicherweise allergisch auf Hundehaare reagieren oder Angst vor Hunden haben könnten. Die Parteien einigten sich schließlich auf einen Vergleich zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

Mangels eindeutiger Regelung fehlte es in diesem Fall am Nachweis einer konkreten Einzelzusage oder einer betrieblichen Übung, aus der geschlossen werden konnte, dass der Arbeitgeber tatsächlich auf einen Teil seines Direktionsrechts verzichten wollte. Die stillschweigende Duldung der Mitnahme stellte hierbei keine ausreichende Grundlage für die Begründung eines Anspruchs dar.

Widerrufsmöglichkeit — Eine Erlaubnis gilt nicht vorbehaltlos

Selbst unter der Annahme einer bestehenden Einzelzusage oder einer betrieblichen Übung wären die Erfolgsaussichten der Klägerin aus einem weiteren Grund nicht erfolgversprechend gewesen.

Liegt eine Einzel- oder Gesamtzusage oder auch eine betriebliche Übung des Arbeitgebers vor, kann der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass die Erlaubnis vorbehaltlos erteilt wurde. Vielmehr steht die Erlaubnis sachlogisch von vornherein unter dem Widerrufsvorbehalt, dass das Haustier den Betriebsablauf nicht stört und insbesondere nicht als Bedrohung empfunden wird. Insofern muss es dem Arbeitgeber möglich sein, die Erlaubnis zu widerrufen, wenn sich das Tier nicht wie erwartet verhält oder Komplikationen mit Kollegen auftreten. Dies ergibt sich bereits aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber den anderen Arbeitnehmern. 

Wollte der Arbeitgeber tatsächlich eine vorbehaltlose Erlaubnis erteilen, hätte er dies ausdrücklich tun müssen, so die Rechtsprechung.

Der Widerruf der Erlaubnis muss nach billigem Ermessen erfolgen. Das setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Dies dürfte zumindest dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber geltend machen kann, dass der Betriebsablauf dadurch gestört wird, dass sich andere Arbeitnehmer oder Kunden durch den Hund bedroht fühlen, an einer Hundehaarallergie leiden (LAG Düsseldorf, Urt. v. 24.3.2014, Az.: 9 Sa 1207/13, BeckRS 2014, 67430) oder der Hund nicht stubenrein ist. Hinsichtlich der Bedrohung reicht es nach der Rechtsprechung aus, wenn der Hund zumindest subjektiv auf andere Arbeitnehmer oder Kunden bedrohlich wirkt und dies plausibel dargelegt werden kann. Ein konkretes tierärztliches Gutachten oder die Einschätzung einer Person mit besonderer Kenntnis, dass das Haustier tatsächlich gefährlich ist, ist hingegen nicht erforderlich (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.9.2022, Az.: 2 Sa 490/21, BeckRS 2022, 43847).

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Sofern ein Betriebsrat gewählt wurde, besitzt dieser grundsätzlich bei Fragen zur Ordnung im Betrieb gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht. Ob die Fragestellung bezüglich der Mitnahme von Haustieren am Arbeitsplatz ebenfalls unter diese Regelung fällt, ist bislang von der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt — die besseren Argumente sprechen jedoch dafür. Dem Betriebsrat dürfte somit ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich kollektiver Sachverhalte zustehen, die gegebenenfalls durch eine Betriebsvereinbarung geregelt werden könnten.

Unabhängig hiervon sind Maßnahmen, die die arbeitsvertragliche Verpflichtung der Arbeitnehmer und somit das individuelle Arbeitsverhalten unmittelbar betreffen, regelmäßig mitbestimmungsfrei — etwa eine arbeitsbezogene Einzelanweisung, weil das Haustier die Ausführung der Tätigkeit stört.

Praxishinweis: Das sollten Arbeitgeber beachten

Die Entscheidung über die Mitnahme von Haustieren am Arbeitsplatz liegt grundsätzlich beim Arbeitgeber. Viele Arbeitgeber fördern die Mitnahme von Haustieren, insbesondere von Hunden. Es ist vielen Unternehmen bewusst, dass Hunde einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden und somit die Gesundheit haben können und sie hoffen, dass sich diese positiven Effekte auch auf das Betriebsklima übertragen.

Informelle Absprachen oder Duldungen lösen grundsätzlich keinen dauerhaften, verbindlichen Anspruch auf Mitnahme des Haustieres aus. Auch ausdrückliche Zusagen können in der Regel nicht als vorbehaltlos verstanden werden, denn es muss dem Arbeitgeber möglich bleiben, beispielsweise auf Verhaltensänderungen des Tieres reagieren zu können, um insbesondere der Fürsorgepflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern gerecht zu werden. Anders verhält es sich lediglich bei Blindenführ- und Begleithunden, da der Arbeitgeber bereits nach § 164 IV 1 Nr. 4 und 5 SGB IX zur Einrichtung eines behindertengerechten Arbeitsplatzes verpflichtet ist, hier also bereits ein gesetzlicher Anspruch auf Mitnahme besteht. 

Dennoch ist es ratsam, wenn man den Arbeitnehmern die Mitnahme von Haustieren ermöglichen möchte, eine klare und einheitliche Regelung zu schaffen, um Unstimmigkeiten zu vermeiden. Empfehlenswert ist in diesem Fall zu regeln, dass eine Erlaubnis im Einzelfall nur nach vorheriger schriftlicher Antragstellung und nur unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt wird. Es sollte klargestellt werden, dass ein Widerrufsgrund insbesondere dann vorliegt, wenn das Haustier den Arbeits-/Gesundheitsschutz oder den Betriebsablauf stört oder eine Bedrohung für Arbeitnehmer, Besucher etc. darstellt bzw. als solche empfunden wird. Die Erlaubnis sollte zudem davon abhängig gemacht werden, dass für das Haustier eine Tierhalterhaftpflichtversicherung vorliegt. Gegebenenfalls können auch Impfnachweis, Sachkundenachweis und Wesenstest angefordert werden. Der Arbeitgeber sollte darüber hinaus unbedingt bereits im Vorfeld abklären, ob andere Arbeitnehmer von Allergien betroffen sind oder Angst vor Hunden haben.

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