Rechenzentren bilden das Rückgrat der digitalen Infrastruktur in der EU – sie treiben die Digitalisierung voran, ermöglichen Cloud-Dienste, Streaming, E-Commerce und künstliche Intelligenz und tragen maßgeblich zur digitalen Souveränität bei. Mit über 2.000 Standorten und einer installierten IT-Leistung von mehr als 2.700 MW ist Deutschland europäischer Spitzenreiter. Gleichzeitig stehen Rechenzentren in Deutschland verstärkt unter regulatorischem Druck: Energieeffizienz, Nutzung von Abwärme und Ausbau erneuerbarer Energien sind zentrale Themen, die im Rahmen nationaler und EU-Richtlinien verankert sind.
Ein neuer Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission vom 10.12.2025 (COM(2025) 984 final) erkennt Rechenzentren als strategischen Sektor in der EU an. Wie so oft werden lange Genehmigungsverfahren bei der Entwicklung dieses strategischen Sektors als Kernproblem angesehen. Der Vorschlag der Europäischen Kommission geht dieses Problem an und entwickelt ein verbessertes, beschleunigtes und gestrafftes Verfahren für Umweltverträglichkeitsprüfungen.
Der Verordnungsvorschlag gilt für die Umweltverträglichkeitsprüfungen von Projekten, die unter anderem in der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten genannt sind, zum Beispiel Anlagen der Industrie zur Erzeugung von Strom. Rechenzentren selbst werden nicht direkt genannt, doch gelten die Vorgaben für die Notstromgeneratoren der Rechenzentren.
Für solche Projekte soll eine zentrale Anlaufstelle für Umweltfragen zur Erleichterung und Koordinierung aller Aspekte der Umweltprüfungen eingerichtet werden. Änderungen an bestehenden Projekten sollen nur dann einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterfallen, wenn sie umfangreiche Arbeiten umfassen, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Umwelt ähnliche oder größere Risiken bergen als das bestehende Projekt. Zentraler Punkt des Vorschlags ist die Reduzierung der Dauer von Umweltverträglichkeitsprüfungen. Dazu sieht die Europäische Kommission kurze Fristen vor, zum Beispiel 30 Tage für die Genehmigungsbehörde zur Darstellung des Umfangs und der Detailgenauigkeit der Informationen, die in dem Umweltverträglichkeitsbericht enthalten sein müssen. Öffentlichkeitsbeteiligungen sollen nicht länger als 30 bis 90 Tage dauern. Für komplexe Projekte können die Fristen verlängert werden.
Auch im Hinblick auf den Artenschutz enthält der Verordnungsvorschlag Änderungen. Führt die Umsetzung eines Projekts zur Tötung oder Störung geschützter Arten, gilt diese Tötung oder Störung nicht als absichtlich, sofern geeignete und verhältnismäßige Abhilfemaßnahmen getroffen werden, um eine Tötung oder Störung zu verhindern. Ausgleichsmaßnahmen sollen schon dann als angemessen und verhältnismäßig gelten, wenn erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Population der betreffenden Art vermieden werden, trotz der möglichen negativen Auswirkungen auf einzelne Exemplare dieser Arten.
Schließlich enthält der Verordnungsvorschlag bereits bekannte Maßnahmen zur Digitalisierung der Genehmigungsverfahren.
Ob und welche Auswirkungen der Vorschlag der Europäischen Kommission auf Rechenzentrums-Projekte in Deutschland hat, bleibt abzuwarten. Rechenzentren an sich bedürfen keiner Umweltverträglichkeitsprüfung. Jedoch benötigen Rechenzentren eine Notstromversorgung. Und eben diese Notstromgeneratoren benötigen abhängig von ihrer Notstromkapazität eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 MW bedarf es einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls, ab 200 MW ist das Vorhaben UVP-pflichtig. Jedenfalls die 50 MW-Schwelle erreichen größere Rechenzentren schnell.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission könnte somit, soweit er das Gesetzgebungsverfahren erfolgreich durchläuft, jedenfalls für die Genehmigungsverfahren für die Notstromversorgung von Rechenzentren durchaus Bedeutung erlangen. Ob Länge und Umfang von Genehmigungsverfahren dadurch tatsächlich signifikant reduziert werden, wird sich zeigen.
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