EU-Parlament beschließt Standpunkt zur CSDDD - Trilog-Verhandlungen haben begonnen

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Dr. Matthias Spilker, LL.M.

Partner, Co-Head of the Automotive & Mobility Group
Deutschland

Der Schwerpunkt meiner Beratung liegt auf gerichtlichen (Litigation, Arbitration) und außergerichtlichen Rechtstreitigkeiten und komplexen Wirtschaftsverträgen, beides mit einem Fokus auf Mandanten aus den Sektoren Automotive & Mobility sowie Energie. Besonders spezialisiert bin ich auf Lieferkettenstreitigkeiten. Ich bin Co-Leiter der Internationalen Automotive & Mobility Group von Bird & Bird und Partner in der Dispute Resolution und der Commercial Group der Kanzlei. Zudem bin ich Co-Leiter der deutschen ESG-Group.

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Daniel Achtelik

Associate
Deutschland

Als Senior Associate in unseren Praxisgruppen Commercial, Dispute Resolution und Compliance in Düsseldorf sowie Mitglied unserer Internationalen Automotive & Mobility Group und deutschen ESG-Group berate ich nationale und internationale Unternehmen in einer Vielzahl wirtschaftsrechtlicher Angelegenheiten, streitigen Verfahren und Compliance-Fragen im Bereich ESG.

Die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) steht vor grundlegenden Änderungen. Mit seiner Abstimmung vom 13. November 2025 hat das EU-Parlament den Weg für Verhandlungen geebnet, die eine substanzielle Neuausrichtung der CSDDD erwarten lassen. Höhere Anwendungsschwellen, flexiblere Sorgfaltspflichten und der Verzicht auf konzernweite Klimavorgaben zeichnen sich ab. Seit dem 18. November 2025 laufen die entscheidenden Trilog-Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen.

Hintergrund: Vom Scheitern des beschleunigten Verfahrens zur Verhandlungsposition

Die Diskussion um die CSDDD hat eine neue Wendung genommen. Während das EU-Parlament am 22. Oktober 2025 noch den Kompromissvorschlag des Rechtsausschusses (JURI) zur direkten Aufnahme von Trilog-Verhandlungen ablehnte, votierte es am 13. November 2025 mit deutlicher Mehrheit für die Aufnahme formeller Verhandlungen mit Rat und EU-Kommission. Hintergrund der Reform ist die wachsende Sorge um die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Wirtschaftsakteure. Die nun beschlossene Verhandlungsposition geht deutlich über die Anpassungen der CSDDD hinaus, die die EU-Kommission im Zuge der Omnibus-Initiative am 26. Februar 2025 vorgeschlagen hatte.1

Kernpunkte des Standpunkts des EU-Parlaments

  1. Anwendungsbereich wird deutlich enger
    Künftig sollen ausschließlich Konzerne mit mindestens 5.000 Beschäftigten und 1,5 Milliarden Euro Jahresumsatz erfasst werden. Diese Anhebung würde den Kreis betroffener Unternehmen um etwa 90 Prozent verkleinern. Mittelständische Betriebe blieben damit außen vor, während sich die Pflichten der CSDDD auf Großkonzerne konzentrieren.
  2. Flexibilisierung der Sorgfaltspflichten
    Das Parlament favorisiert einen risikobasierten Ansatz für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten. Unternehmen sollen ihre Prüfungen vorrangig auf jene Zulieferer ausrichten, die selbst die 5.000-Mitarbeiter-Schwelle überschreiten. Bei der Informationsbeschaffung gilt künftig das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Nur bereits vorhandene oder leicht zugängliche Daten müssen herangezogen werden. Umfangreiche Abfragen bei kleineren Lieferanten sollen die Ausnahme bleiben. Diese Ausgestaltung zielt darauf ab, bürokratische Belastungen entlang der Wertschöpfungskette zu begrenzen.
  3. Wegfall von Klimavorgaben
    Anders als ursprünglich vorgesehen, verzichtet die Parlamentsposition vollständig auf einen verpflichtenden Klimatransformationsplan. Diese Streichung dürfte in den kommenden Verhandlungen für Diskussionen sorgen, da der Rat hier eine andere Linie verfolgt. Parallel bleibt festzuhalten, dass entsprechende Pflichten im Kontext der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) weiterhin Bestand haben.
  4. Haftungsfragen bleiben national geregelt
    Eine einheitliche europäische Haftungsordnung soll es nicht geben. Stattdessen verbleibt die zivilrechtliche Verantwortung bei Verstößen gegen Menschenrechts- oder Umweltstandards im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Dies bedeutet jedoch keineswegs Entwarnung: Aktuelle Gerichtsverfahren in verschiedenen EU-Ländern demonstrieren, dass Klagen wegen Lieferkettenverstößen durchaus Erfolgsaussichten haben können.2 Sanktionen bei Nichteinhaltung der Sorgfaltspflichten werden ebenfalls auf nationaler Ebene verhängt, die EU-Kommission soll dazu Orientierungshilfen bereitstellen.

Verhandlungen laufen auf Hochtouren

Seit dem 18. November 2025 finden die Trilog-Gespräche zwischen Parlament, Rat und Kommission statt. Als Zielvorgabe gilt ein Abschluss noch vor Jahresende 2025. Besonders umstritten dürften die Klimakomponente sowie die konkrete Ausgestaltung des Risikomanagements werden.

Ausblick: Konsequenzen für das deutsche Lieferkettengesetz

Offen ist, wie der deutsche Gesetzgeber auf Anpassungen der CSDDD reagiert. Das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt seit dem 1. Januar 2023 und weist in Bezug auf die Anwendungsschwellen strengere Anforderungen auf. So verpflichtet das LkSG aktuell bereits Unternehmen ab 1.000 Arbeitnehmern im Inland, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten, ohne dass es auf den Jahresumsatz des Unternehmens ankäme.

Zwar zeichnen sich auch auf LkSG-Ebene Vereinfachungen ab: So hat die Bundesregierung am 29. Oktober 2025 einen angepassten Gesetzesentwurf zur Änderung des LkSG vorgelegt, der auf die Abschaffung der jährlichen Berichtspflicht und einer Reduzierung der Bußgeldtatbestände mit klarem Fokus auf schwere Verstöße abzielt.3  Das Fundament des LkSG, insbesondere die im LkSG geregelten Sorgfaltspflichten, soll jedoch fortbestehen.

Die finale CSDDD muss nach derzeitigem Stand bis zum 26. Juli 2027 in deutsches Recht überführt werden. Inwieweit dabei eine Angleichung nach unten oder die Beibehaltung höherer Standards erfolgt, bleibt abzuwarten.

Fazit

Die parallelen Entwicklungen auf EU- und nationaler Ebene zeigen eine klare Tendenz zur Entlastung. Dennoch sind Unternehmen gut beraten, die laufenden Gesetzgebungsverfahren weiterhin aufmerksam zu verfolgen und ihre Compliance-Strukturen vorausschauend aufzustellen. Unabhängig von den formalen Anwendungsschwellen bestehen für Unternehmen relevante Risiken: zivilrechtliche Haftung, Verpflichtungen aus anderen ESG-Regulierungen, Erwartungshaltung von Kapitalgebern hinsichtlich Lieferkettenverantwortung und Imageschäden bei öffentlich werdenden Missständen. Selbst bei regulatorischer Entlastung sprechen wirtschaftliche und rechtliche Erwägungen daher dafür, Lieferkettenrisiken systematisch zu managen.
 

1 Siehe dazu: https://www.twobirds.com/de/insights/2025/germany/omnibus-simplification-verffentlicht--eindmmung-des-anwendungsbereichs-und-der-prfungsanforderungen.
2 Siehe etwa zur Klimaklage des peruanischen Bergbauern gegen RWE: https://www.twobirds.com/de/insights/2025/germany/die-klimaklage-des-peruanischen-bergbauern-gegen-rwe.

3 Siehe zum ersten Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 3. September 2025: https://www.twobirds.com/de/insights/2025/germany/bundeskabinett-beschlie%C3%9Ft-entlastungen-beim-lieferkettengesetz.

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