Statt einer inhaltlichen Anpassung der Kundenanlagendefinition an die jüngere Rechtsprechung von EuGH und BGH sieht ein aktueller Gesetzesentwurf nun eine Übergangsregelung für Bestandsanlagen vor. So soll der Gesetzgeber mehr Zeit haben, eine inhaltliche Lösung zu entwickeln. Auch wenn dogmatisch angreifbar, löst die Übergangslösung die drängendsten Themen und bietet Zeit für Betreiber, die Fakten zu ihren Kundenanlagen zu klären, um schnell reagieren zu können, wenn die finale Lösung kommt.
Am 13.11.2025 hat der Deutsche Bundestag einen Gesetzesentwurf zur Änderung des EnWG und weiterer Gesetze beschlossen (BT-Drs. 21/2793).
Entsprechend der Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie wurde darin auch die Entschließung verabschiedet, möglichst zeitnah eine mit den Anforderungen des Unionsrechts vereinbare Regelung zu erarbeiten, die Rechtssicherheit für den künftigen Betrieb von Konstellationen gewährleistet, die unter den bisherigen Kundenanlagenbegriff fielen. Die Lösung soll unverhältnismäßige bürokratische Lasten vermeiden und den Spielraum ausschöpfen, den das Unionsrecht dem nationalen Gesetzgeber lässt. Auch wird sich die Bundesregierung für Änderungen des unionsrechtlichen Rahmens einsetzen.
Zu Erinnerung: Nach der bislang geltenden Fassung des EnWG sind Kundenanlagen von den Regulierungsvorgaben für den Netzbetrieb ausgenommen. In jüngeren Entscheidungen haben EuGH und BGH aber die Europarechtswidrigkeit der bisherigen Auslegung der Kundenanlage festgestellt. Der Begriff der Kundenanlage ist daher europarechtskonform auszulegen.
Infolge der Entscheidungen herrscht seitdem Unsicherheit darüber, ob und unter welchen Umständen beispielsweise dezentrale Erzeugungskonzepte, Quartierskonzepte und Mieterstromlösungen noch als unregulierte Kundenanlagen eingeordnet werden können. Entsprechend forderten viele Stakeholder eine gesetzgeberische Klarstellung.
Einer solchen Klarstellung entzieht sich der Gesetzgeber allerdings in dem aktuellen Entwurf. Obwohl der Entwurf auch eine Neunummerierung der Definitionen im EnWG vorsieht, ist keine inhaltliche Anpassung der Kundenanlagendefinition vorgesehen.
Stattdessen sieht der Entwurf vor, dass durch eine Übergangsregelung der bisherige Rechtszustand für bestehende Anlagen für drei Jahre (bis zum 01.01.2029) konserviert und Betreiber bereits bestehender Kundenanlagen nicht als Netzbetreiber behandelt werden sollen. Maßgeblich dafür, dass die Regelung Anwendung findet, soll der Anschluss an das Energieversorgungsnetz sein. Dieser muss bei Inkrafttreten der Änderung erfolgt sein.
Die Übergangsregelung soll dem Gesetzgeber ermöglichen, die notwendigen Anpassungen zu erarbeiten, und den betroffenen Akteuren Zeit geben, notwendige Anpassungen vorzunehmen.
Für Anlagen, die erst nach Inkrafttreten der Änderung angeschlossen werden, gilt nach der Gesetzesbegründung, dass die bestehende Kundenanlagendefinition europarechtskonform auszulegen sei. Für Versorgungsanlagen innerhalb eines Gebäudes sei weiterhin davon auszugehen, dass diese kein Netz darstellten, sondern als Kundenanlage eingeordnet werden könnten. Die Eigentumsverhältnisse an der Hausversorgungsanlage seien dabei unbeachtlich.
Angesichts der großen Unsicherheit in der Praxis mag die nun gewählte Übergangslösung zunächst überraschen. Denn die gewünschte (langfristige) Sicherheit bringt sie nicht mit sich. Es bleibt nach wie vor offen, worauf sich die derzeitigen (und zukünftigen) Kundenanlagenbetreiber einzustellen haben.
Zwar bietet der Hinweis in der Begründung für Gebäudeanlagen eine gewisse Orientierung, allerdings ist die Einschätzung des Gesetzgebers nicht verbindlich.
Auch wenn die Moratoriumslösung dogmatisch zumindest angreifbar ist, bietet sie Orientierung für Betreiber und klärt, dass die betroffenen Kundenanlagenbetreiber nicht hektisch und ohne gesetzgeberische Klarstellung umstrukturieren müssen. Insbesondere dürfte die Übergangslösung die Gespräche mit Wirtschaftsprüfern zur Verarbeitung des Themas im Jahresabschluss klären. In diesem Sinne dürfte die Übergangslösung dazu beitragen, einige kurzfristige dringende Fragen zu beantworten, ohne dass ein Weg für die mittelfristige Antwort vorgeschrieben wäre. Wie eine solche Lösung konkret aussehen soll, steht nicht fest. Betreiber sollten die nach dem beschlossenen Vorschlag zur Verfügung stehende Zeit nutzen, um die tatsächlichen Umstände zu klären und ihre rechtliche Situation prüfen. Dann kann schnell auf die kommenden Entwicklungen reagiert werden.
Der Gesetzentwurf ist noch vom Bundesrat zu bestätigen und wird voraussichtlich noch dieses Jahr in Kraft treten.