Die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) steht vor grundlegenden Änderungen. Mit seiner Abstimmung vom 13. November 2025 hat das EU-Parlament den Weg für Verhandlungen geebnet, die eine substanzielle Neuausrichtung der CSDDD erwarten lassen. Höhere Anwendungsschwellen, flexiblere Sorgfaltspflichten und der Verzicht auf konzernweite Klimavorgaben zeichnen sich ab. Seit dem 18. November 2025 laufen die entscheidenden Trilog-Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen.
Die Diskussion um die CSDDD hat eine neue Wendung genommen. Während das EU-Parlament am 22. Oktober 2025 noch den Kompromissvorschlag des Rechtsausschusses (JURI) zur direkten Aufnahme von Trilog-Verhandlungen ablehnte, votierte es am 13. November 2025 mit deutlicher Mehrheit für die Aufnahme formeller Verhandlungen mit Rat und EU-Kommission. Hintergrund der Reform ist die wachsende Sorge um die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Wirtschaftsakteure. Die nun beschlossene Verhandlungsposition geht deutlich über die Anpassungen der CSDDD hinaus, die die EU-Kommission im Zuge der Omnibus-Initiative am 26. Februar 2025 vorgeschlagen hatte.1
Seit dem 18. November 2025 finden die Trilog-Gespräche zwischen Parlament, Rat und Kommission statt. Als Zielvorgabe gilt ein Abschluss noch vor Jahresende 2025. Besonders umstritten dürften die Klimakomponente sowie die konkrete Ausgestaltung des Risikomanagements werden.
Offen ist, wie der deutsche Gesetzgeber auf Anpassungen der CSDDD reagiert. Das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt seit dem 1. Januar 2023 und weist in Bezug auf die Anwendungsschwellen strengere Anforderungen auf. So verpflichtet das LkSG aktuell bereits Unternehmen ab 1.000 Arbeitnehmern im Inland, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten, ohne dass es auf den Jahresumsatz des Unternehmens ankäme.
Zwar zeichnen sich auch auf LkSG-Ebene Vereinfachungen ab: So hat die Bundesregierung am 29. Oktober 2025 einen angepassten Gesetzesentwurf zur Änderung des LkSG vorgelegt, der auf die Abschaffung der jährlichen Berichtspflicht und einer Reduzierung der Bußgeldtatbestände mit klarem Fokus auf schwere Verstöße abzielt.3 Das Fundament des LkSG, insbesondere die im LkSG geregelten Sorgfaltspflichten, soll jedoch fortbestehen.
Die finale CSDDD muss nach derzeitigem Stand bis zum 26. Juli 2027 in deutsches Recht überführt werden. Inwieweit dabei eine Angleichung nach unten oder die Beibehaltung höherer Standards erfolgt, bleibt abzuwarten.
Die parallelen Entwicklungen auf EU- und nationaler Ebene zeigen eine klare Tendenz zur Entlastung. Dennoch sind Unternehmen gut beraten, die laufenden Gesetzgebungsverfahren weiterhin aufmerksam zu verfolgen und ihre Compliance-Strukturen vorausschauend aufzustellen. Unabhängig von den formalen Anwendungsschwellen bestehen für Unternehmen relevante Risiken: zivilrechtliche Haftung, Verpflichtungen aus anderen ESG-Regulierungen, Erwartungshaltung von Kapitalgebern hinsichtlich Lieferkettenverantwortung und Imageschäden bei öffentlich werdenden Missständen. Selbst bei regulatorischer Entlastung sprechen wirtschaftliche und rechtliche Erwägungen daher dafür, Lieferkettenrisiken systematisch zu managen.
1 Siehe dazu: https://www.twobirds.com/de/insights/2025/germany/omnibus-simplification-verffentlicht--eindmmung-des-anwendungsbereichs-und-der-prfungsanforderungen.
2 Siehe etwa zur Klimaklage des peruanischen Bergbauern gegen RWE: https://www.twobirds.com/de/insights/2025/germany/die-klimaklage-des-peruanischen-bergbauern-gegen-rwe.
3 Siehe zum ersten Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 3. September 2025: https://www.twobirds.com/de/insights/2025/germany/bundeskabinett-beschlie%C3%9Ft-entlastungen-beim-lieferkettengesetz.