Die COVID-19-Pandemie entfaltet in zunehmendem Maße erhebliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Unternehmen. Geschäftsführer von GmbHs sind im Zusammenhang mit der Krise mit vielfältigen Fragestellungen und Problemen aus unterschiedlichsten Rechtsgebieten konfrontiert. Sie müssen die Unternehmen, deren Leitung sie übernommen haben, sicher durch die Krise führen und dabei die Bedürfnisse von Geschäftspartnern, Arbeitnehmern, Behörden und der Öffentlichkeit berücksichtigen.
Der vorliegende Beitrag liefert einen Überblick über die besonderen Pflichten von Geschäftsführern, die Themen, die diese während der Krise im Blick behalten sollten sowie aktuelle Änderungen:
Auch in der Krise müssen Geschäftsführer ihre allgemeine Sorgfaltspflicht erfüllen, insbesondere umfasst dies:
Dabei hat der Geschäftsführer mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns zu handeln und speziell die Business Judgment Rule zu beachten.
In der Krise ist es besonders relevant, den finanziellen Zustand des Unternehmens laufend zu überwachen, um finanzielle Engpässe oder gar drohende Insolvenzgründe frühzeitig erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
Der Gesetzgeber hat auf diese Situation mit dem "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht" reagiert (s. auch unser Beitrag zum Schutz von Unternehmen in der Corona-Krise (in englischer Sprache)). Das Gesetz sieht unter anderem die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO zunächst bis zum 30. September 2020 vor. Dies setzt jedoch voraus, dass die Insolvenzreife auf den Folgen der Ausbreitung des COVID-19-Virus beruht. Dies soll vermutet werden, wenn das Unternehmen am 31. Dezember 2019 zahlungsfähig war. Bei Zahlungsunfähigkeit muss zur Aussetzung der Antragspflicht darüber hinaus eine Aussicht auf deren Beseitigung bestehen. (siehe dazu auch unseren ausführlichen Beitrag zu den rechtlichen Auswirkungen auf das Insolvenzrecht)
Damit Geschäftsführer in der Zeit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nicht einer unkontrollierbaren Haftung unterliegen, hat der Gesetzgeber auch die Folgen der Aussetzung geregelt. Unter anderem gelten danach Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 64 S. 2 GmbHG vereinbar und unterliegen somit nicht der dort geregelten Zahlungssperre in insolvenznahen Situationen und führen daher auch nicht zu einer Haftung des Geschäftsführers.
Im Einzelfall bietet sich sicherlich auch ein vorsorgliches Gespräch mit der Hausbank oder anderen Finanzierern über mögliche Szenarien in den Folgewochen an.
Geschäftsführer müssen in Bezug auf das von ihnen geführte Unternehmen stets die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anwenden. Dies bedeutet, dass ihr Handeln auf Wahrung des Vorteils der Gesellschaft und auf die Abwendung von Schäden gerichtet sein muss. Im Einzelfall kann eine Maßnahme jedoch sowohl Vorteile als auch Risiken oder sogar handfeste Nachteile mit sich bringen. Um eine Haftung für ein für die Gesellschaft nachteiliges Handeln zu vermeiden, können sich Geschäftsführer in ihrer Abwägung auf die sogenannte Business Judgment Rule berufen. Nach dieser im Aktiengesetz für Vorstände einer Aktiengesellschaft vorgesehenen Haftungsbeschränkung (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG), die entsprechend für Geschäftsführer einer GmbH anzuwenden ist, wird das Vorliegen einer Pflichtverletzung ausgeschlossen, wenn
In Krisensituationen haben Geschäftsführer dabei in besonderem Maße auf das Erkennen, die Analyse und die Bewertung von Risiken für das von ihnen geführte Unternehmen zu achten. Die Verpflichtung, im Einklang mit Recht und Gesetz zu handeln, aber auch die Möglichkeit, sich auf die Business Judgment Rule zu berufen, setzen Kenntnis der aktuellen rechtlichen Lage voraus. Wir haben daher im Folgenden nicht nur die wesentlichen Gesetzesänderungen aus den letzten Tagen, sondern auch unveränderte, heute aber besonders relevante Regelungen für Sie zusammengestellt:
Handeln auf der Grundlage angemessener Informationen kann darüber hinaus auch bedeuten, dass Geschäftsführer auf externen Rat zurückzugreifen haben, um die Grundlagen für geplante unternehmerische Entscheidungen zu verifizieren.
Bei der auf hinreichender Informationsgrundlage dann zu treffenden Abwägung verschiedener Entscheidungsoptionen im Rahmen der Business Judgment Rule handelt der Geschäftsführer eigentlich nur dann zum Wohle der Gesellschaft, wenn sein Entscheidungsmaßstab das Unternehmensinteresse an (a) der Erhaltung des Bestandes, (b) der Förderung der nachhaltigen Rentabilität und (c) der Steigerung des nachhaltigen Unternehmenswertes ist. Das jüngst verabschiedete Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht deutet unseres Erachtens allerdings darauf hin, dass der Gesetzgeber den Maßstab für die in Zeiten der Corona-Krise getroffenen unternehmerischen Entscheidungen nachjustiert hat, so dass sich der Geschäftsführer auch dann noch auf die Business Judgment Rule berufen kann, wenn er zwecks Stabilisierung der volkswirtschaftlichen Gesamtsituation und zwecks Sicherung von Arbeitsplätzen seine unternehmerische Entscheidung ausschließlich an dem Unternehmensinteresse an der Erhaltung des Bestandes ausrichtet.
Bei komplexen Fragestellungen ist Geschäftsführern darüber hinaus stets zu raten, eine unternehmerische Entscheidung in enger Absprache mit den Gesellschaftern zu treffen. Eine entsprechende Anweisung der Gesellschafter kann darüber hinaus die Haftung von Geschäftsführern für die getroffene Entscheidung ausschließen, da diese an eine solche Anweisung gebunden sind, sofern sie die gesetzlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt und einhält.
Vorbehaltlich im Einzelfall festgelegter Berichtspflichten sollten Geschäftsführer sich in der Corona-Krise eng mit den anderen Organen der Gesellschaft abstimmen. Dazu gehören insbesondere die Gesellschafter, aber auch ein etwa bestehender Aufsichtsrat oder Beirat sollte in die zu treffenden Entscheidungen eingebunden werden. Der Gesellschaftsvertrag oder eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung kann überdies vorsehen, dass bestimmte wesentliche Entscheidungen der vorherigen Zustimmung eines anderen Gesellschaftsorgans bedürfen.
Insbesondere sind Geschäftsführer verpflichtet, die Gesellschafterversammlung nach § 49 Abs. 3 GmbHG unverzüglich einzuberufen, wenn aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz (oder auch aus der Jahresbilanz) ersichtlich wird, dass die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verloren ist.
Der Gesetzgeber hat mit dem "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht" zunächst bis Ende des Jahres 2020 die Möglichkeit geschaffen, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung im schriftlichen Umlaufverfahren oder per Textform zu treffen, ohne dass sämtliche Gesellschafter diesem Verfahren zustimmen müssen (s. unser Beitrag zum Gesetz zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie mit weiteren Änderungen für das Aktien- sowie das Umwandlungsrecht).
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Die Herausforderungen in der Corona-Krise sind vielfältig und die Ereignisse überschlagen sich täglich. Daher werden wir diesen Beitrag regelmäßig aktualisieren und Sie in Deutschland und international auch ansonsten laufend auf dem neuesten Stand halten. Wir stehen bereit, Ihre Fragen rund um die Corona-Krise zu beantworten, sprechen Sie einen unserer Experten gerne jederzeit an.
Zuletzt geprüft am 9. April 2020